Der Freiburger islamische Theologe Abdel-Hakim Ourghi lobt die Haltung von Papst Franziskus, der sich gegen eine Gleichsetzung von Islam und Gewalt wendet. Zugleich kritisierte er aber im Deutschlandfunk weitergehende Aussagen von anderer Seite.
"Es ist einfach nicht mehr vertretbar zu behaupten, dass der Islam nichts mit dem Extremismus zu tun hat oder dass die Extremisten keine Muslime sind", so Ourghi am Dienstag im Deutschlandfunk. Der Islam befinde sich zurzeit in einer Sinnkrise, betonte der Leiter des Fachbereichs Islamische Theologie und Religionspädagogik der Pädagogischen Hochschule Freiburg weiter: "Und die Islamisten oder der IS halt, die beten in Moscheen und berufen sich auf den Koran und die Tradition des Propheten und legitimieren ihre Gewalt dadurch und sie betrachten sich als Muslime."
Bei Papst Franziskus und seinen Aussagen auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Krakau spüre er die "Demut von einem Oberhaupt, der sich nicht über einen anderen stellt und auch nicht eine monotheistische Religion verurteilt." Er finde es "lobenswert" und eine "liebe Haltung", so Ourghi wörtlich, dass der Papst den Islam insgesamt nicht als terroristisch oder gewalttätig brandmarke. Allerdings gebe es durchaus viele Islamisten, die sich auf bestimmte "Koransuren und das politische Handeln des Propheten selbst" beriefen und diese als direkte Anleitung für ihre Taten interpretierten.
Auch in
Deutschland müsse man stärker hinterfragen, welcher Islam sich hier
etabliert habe, forderte der Experte weiter. Die muslimischen
Dachverbände seien "meilenweit entfernt" von einem aufgeklärten,
humanistischen Islam. In einigen ihrer Gemeinden und Moscheen beobachte
er eine gefährliche Radikalisierung.
Verbände wie die Ditib oder der Zentralrat der Muslime "vertreten die
Interessen ihrer Herkunftsländer und sie sind unserem Staat nicht loyal
gegenüber", kritisierte Ourghi. Deshalb rate er auch den Kirchen davon
ab, mit den konservativen Dachverbänden zusammenzuarbeiten. Es sei
lobenswert, wie Kirchen und auch Politiker sich für einen Dialog mit den
Dachverbänden einsetzten, aber diese seien die falschen
Ansprechpartner. In ihren Moscheen werde zudem durch sogenannte
"Import-Imame" ein sehr konservativer Islam gepredigt, so der
Islamwissenschaftler. Das politische System in der Türkei habe einen
großen Einfluss.
Mit Blick auf die Pro-Erdogan-Kundgebungen in Köln sagte er, es sei
fatal zu sehen, dass die zweite und dritte Generation, die hier
sozialisiert seien, "für die Interessen eines Tyrannen" auf die Straßen
gingen. Sie unterstützten einen "Diktator", der Islam und Nationalismus
vermische.
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