Wednesday, September 28, 2016

Dresdener Bomben-Alarm

Es  ist unzweifelhaft eine schlimme Sache, wenn ein Anschlag mit einem Sprengsatz verübt wird. Jede Aufmerksamkeit, Erregung und Empörung darüber ist nur allzu verständlich und nachvollziehbar. Dass keine Menschen gesundheitlichen Schaden nahmen, scheint nicht der Umsicht des Attentäters zuzurechnen zu sein, sondern war einfach großes Glück. Doch dieser gegenwärtige Dresdener Bomben-Alarm hat schon etwas Besonderes, denn eines der Anschlagsziele war eine Moschee und da erwachen offenbar bei politischen wie publizistischen Aktivisten sofort die Reflexe der richtigen Gesinnung. Egal, wie der Ermittlungsstand ist, die eigenen Gewissheiten zählen, zumal dann, wenn eine Chance besteht, am Ende endlich einmal recht zu behalten.
Selbstverständlich ist es wichtig, die Gefahren des Rechtsextremismus nie aus den Augen zu verlieren und gegen rechtsextremistische Gewalttäter entschieden vorzugehen, so wie es gegenüber allen Gewalttätern, insbesondere den ideologieabhängigen und extremistischen unter ihnen, angeraten wäre. Nur dieser Drang, mit dem Anschlag auf die Moschee sofort die Anklage gegen „Islamfeinde“ zu verbinden und Islamkritiker in eine Ecke mit rechtsextremen Gewalttätern zu stecken, der ist schon bemerkenswert. Vor allem, weil die gleichen politischen und publizistischen Aktivisten nach jedem Anschlag im Namen Allahs und seines Propheten nicht müde werden, zu betonen, dass dieser nichts mit dem Islam zu tun habe und die Mehrheit der Muslime doch friedlich sei.
In dem Moment, in dem diese Zeilen geschrieben werden, ist noch nicht einmal erwiesen, dass der Anschlag auf die Moschee von einem Rechten und/oder Fremdenfeind verübt wurde. Der Dresdener Polizeipräsident geht davon einfach zunächst aus. Ein kurzzeitig auf der linksextremen Seite linksunten.indymedia.org veröffentlichtes Bekennerschreiben der Dresdener Antifa wurde wieder aus dem Netz genommen und zu einer Fälschung der Rechten erklärt. Etwas Genaues scheint am zweiten Morgen nach dem Anschlag niemand zu wissen. Immerhin hat eine Moschee, die zur DITIB gehört und damit ein Ableger der Religionsbehörde des autokratischen türkischen Präsidenten Erdogan ist, auch noch einige andere Gegner, die dem Einsatz von Brand- und Sprengsätzen grundsätzlich nicht abgeneigt sind.
Dennoch werden von Anfang an eifrig Verbindungen gezogen. Fremdenfeinde, Rechtsextremisten, Pegida, AfD und natürlich die bösen Islamkritiker sowie all jene, die Kritik an der „Flüchtlingspolitik“ üben, sind irgendwie ja mitverantwortlich, weil sie doch die Brandstifter legitimieren. Zu sagen, dass auch unter Rassisten und Fremdenfeinden die Gewalttäter nur eine kleine Minderheit und gar nicht repräsentativ sind, würde kaum helfen. Dieser Unsinn kann nur ausgewählten Ideologien noch erfolgreich als Entlastungsargument dienen.
Während noch niemand etwas Genaues weiß, ist sich Bundesinnenminister Thomas de Maiziere immerhin sicher, der Anschlag sei „mit das Schäbigste, was man sich an Taten vorstellen kann“.[1] Ob er das auch aufrecht hält, wenn sich herausstellen sollte, dass die Täter keine Rechtsextremisten waren?
Solche Fragen stellen sich heutzutage vielleicht gar nicht mehr. Es ist ja inzwischen völlig überholt, dass man einen Straftäter erst ermittelt haben muss, um das Tatmotiv so gut zu kennen, dass man es auch amtlich statistisch erfassen kann. Wie das im neuen Deutschland zugeht, hat kürzlich der Brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärt. Hier können einschlägige Taten schneller dem Rechtsextremismus zugerechnet werden: „”Bei der Polizei wird jeder Übergriff, bei dem nicht erwiesen ist, dass er keine rechtsextreme Motivation hat, in die Statistik hineingezählt”, erklärte Woidke dem RBB.[2]
Vielleicht sollten sich diejenigen, die gerade ihre Empörung hochfahren und sich auf den Schulterschluss mit der islamistischen DITIB, also den türkisch-islamischen Rechten, gegen deutsche Rechtsextreme vorbereiten, an einen Brandanschlag auf eine Berliner Moschee im Sommer 2014 erinnern. Damals brannte es am Rohbau der Mevlana-Moschee in Berlin und für alle Politiker und Berichterstatter war klar, dass es deutsche rechte Islamfeinde gewesen sein müssen, die hier gezündelt haben. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel eilte seinerzeit solidarisch zur Brandstelle, verurteilte das „Attentat“ als einen „Anschlag auf das Zentrum der Gesellschaft“. [3]
Tag für Tag war der Rohbau mit seinen Brandspuren medienpräsent, solange er dazu dienen konnte, die Gefahr deutscher Islamfeindlichkeit zu illustrieren. Deutsche Politiker überboten sich mit Hilfsangeboten. Doch drei Wochen nach dem Brand wurde es schlagartig still um die Mevlana-Moschee. Der Grund: Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte mitgeteilt, dass sie einen Jordanier für tatverdächtig hielt. Der Mann saß mittlerweile schon wegen anderer Brandstiftungen in Untersuchungshaft.[4]
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