Die israelische Regierung hat sich am Sonntag für die Freilassung palästinensischer Gefangener ausgesprochen. Damit sollen Verhandlungen mit Palästinensern möglich werden. Das Kabinett beschloss außerdem, die Ergebnisse der Verhandlungen einem öffentlichen Referendum zu unterwerfen.
Für die Freilassung der Gefangenen stimmten 13 Minister, 7 sprachen sich dagegen aus, 2 enthielten sich, meldet die Zeitung „Jerusalem Post“. Damit sprach sich die Regierung für Verhandlungen mit den Palästinensern aus. Bereits vor der Entscheidung protestierten hunderte Bürger vor der Knesset gegen die geplante Freilassung. Auch unter den Ministern gab es Kontroversen über die Pläne des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu.
Der Regierungschef hatte am Samstagabend in einem öffentlichen Brief erklärt, es liege im Interesse des Staates Israel, mit den Palästinensern in Verhandlungen zu treten. Diese sollen in der kommenden Woche in Washington beginnen. Aus diesem Grund wolle er nach Anfang der Gespräche schrittweise, je nach deren Verlauf, 104 palästinensische Gefangene freilassen. „Bei jeglicher Provokation wird der Prozess der Freilassung gestoppt“, erklärte Netanjahu.
Kontroverse um Gefangenenfreilassung
Bei allen Gefangenen handelt es sich um Mörder, die teilweise mehrere israelische Zivilisten oder Soldaten umgebracht haben. Ihre Straftaten haben sie vor der Unterzeichnung der Osloer Verträge 1994 begangen. Einige erhielten ursprünglich das Todesurteil. Ihre Strafe wurde dann aber automatisch in lebenslängliche Haft umgewandelt. Während in vielen europäischen Ländern „lebenslänglich“ zeitlich begrenzt ist, bedeutet „lebenslänglich“ in Israel tatsächlich Haft bis zum Ableben.
Vor allem rechte Politiker warfen Netanjahu vor, noch vor Beginn der Verhandlungen palästinensischem Druck nachzugeben, ohne einen palästinensischen Verzicht auf das „Rückkehrrecht der Flüchtlinge“ oder eine Anerkennung Israels als „Staat des jüdischen Volkes“ durchgesetzt zu haben. Befürworter der Initiative erklärten, dass Israel den Palästinensern keinen Vorwand liefern sollte, den Friedensverhandlungen fernzubleiben.
Vorschlag: Keine Einigung ohne Referendum
Bei der gleichen Sitzung sprach sich das Kabinett für ein Gesetz aus, nach dem jede Einigung mit den Palästinensern einem öffentlichen Votum unterworfen werden soll. Wie Netanjahu sagte, solle „jeder Bürger mit seiner direkten Stimme über schicksalhafte Beschlüsse abstimmen“ können. Das Gesetz wird dem Parlament am Mittwoch zur ersten Lesung vorgelegt.
Die Volksbefragung, wie sie in der Schweiz üblich ist, gilt als zweischneidiges Schwert und ist problematisch für das Demokratieverständnis. Denn dabei würde den 20 Prozent israelischen Arabern ein größeres Gewicht zufallen, als in der Knesset , wo drei arabische Parteien in der Opposition sitzen. Netanjahu wurde vorgeworfen, diese Gesetzesvorlage eingebracht zu haben, um eine akute Regierungskrise wegen der bevorstehenden Friedensverhandlungen abzuwenden.
Bisher war allein das demokratisch gewählte Parlament der Souverän. Die Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien, die Anerkennung der PLO und der Rückzug aus Gaza wurden mit einer Mehrheit der Knesset -Abgeordneten abgesegnet.
Von Ulrich W. Sahm / israelnetz
No comments:
Post a Comment