Saturday, June 27, 2015

Unmißverständliches Signal?

Nach einem an antisemitischen Vorfällen nicht eben armen Sommer trafen sich in dieser Woche die deutschen Innenminister, um auf ihrer Frühjahrskonferenz auch darüber zu beraten, wie ähnliche Entwicklungen zukünftig verhindert werden können. Ein erster durchaus richtiger Schritt könnte die nach dem Tagungsort benannte »Mainzer Erklärung« sein.
Mit ihr »stellen sich« die Beteiligten »der Erkenntnis, dass der aktuelle Antisemitismus in Deutschland ein gesamtgesellschaftliches Phänomen ist«, und betonen, »dass der Kampf gegen Antisemitismus und der Schutz der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Staatsräson« seien und damit »eine der wichtigsten politischen Aufgaben« für Staat und Gesellschaft.
Die Wichtigkeit ihres Anliegens zu verdeutlichen, tagten die Innenminister in der Mainzer Neuen Synagoge. »Damit erinnern wir an das Ende des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren«, erläuterte der rheinland-pfälzische Minister Roger Lewentz, »und würdigen die seit 50 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen zwischen dem Staat Israel und der Bundesrepublik Deutschland«.
Just diese Worte allerdings sind leider auch Grund genug, Charlotte Knobloch nicht uneingeschränkt zuzustimmen, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, wenn sie erklärt, »ich danke den Innenministern für ihr unmissverständliches Signal, dass Antisemitismus in unserem Land uneingeschränkt geächtet und bekämpft werden muss«.
Denn was hat der Staat Israel mit einer deutschen jüdischen Gemeinde zu tun? Tagen Innenminister in einer Synagoge, um »die seit 50 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen« zwischen Israel und Deutschland »zu würdigen«, bestätigen sie damit nicht gerade, was Antisemiten seit Jahr und Tag behaupten, daß nämlich deutsche Juden keine »echten« Deutschen seien?
Ist die 2010 eingeweihte Neue Synagoge zu Mainz eine diplomatische Repräsentanz des Staates Israel? Signalisiert Roger Lewentz mit seiner Bemerkung nicht, daß für ihn deutsche Juden mehr mit Israel zu tun haben als mit Deutschland, dessen Bürger sie doch aber eigentlich sind? Deutsche Juden, deutsche Bürger also, zu behandeln, als repräsentierten sie Israel, gilt als antisemitisch.
Roger Lewentz paßt zu deutschen Richtern, die in einem Brandanschlag auf eine Synagoge keinen Antisemitismus entdecken wollen, und zu deutschen Staatsanwälten, die öffentliche Aufrufe zum Mord an Juden als »Kritik an einem ausländischen Staat« werten und daher nicht verfolgen. Es stimmt, »Antisemitismus in Deutschland [ist] ein gesamtgesellschaftliches Phänomen«.
 tw24

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