Saturday, January 03, 2015

Konkens Beste 2014

Am 1. März 2009 berichtete für die Frankfurter Allgemeine Zeitung deren Hans-Christian Rößler über den Ausgang einer Mission John Kerrys, der damals noch als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im amerikanischen Senat versuchte, als reisender Diplomat nahöstliche Probleme zu lösen. In diesem Fall war John Kerry erfolgreich:
“Nudeln und Ketchup standen bisher nicht auf der Liste der Nahrungsmittel, die Israel in den Gazastreifen lässt. Doch dann beschwerte sich John Kerry bei der israelischen Regierung.”
Und die erhörte den Senator und stellte den Mißstand ab: “Jetzt gibt es auch wieder Spaghetti in Gaza”. Damit hätte diese Geschichte schon beendet sein können, wäre da nicht ein Auftritt des für die ARD in Tel Aviv tätigen Richard C. Schneider mehrere Montate später. Am 31. Mai 2010 klagte er vor laufender Kamera:
“Aber es ist schon so, daß sehr vieles nicht nach Gaza hineinkommt. Und daß es manchmal schon sehr schwierige Dinge sind, die man kaum verstehen kann, warum man zum Beispiel Spaghetti nicht hineinläßt. Was das für ein Sicherheitsrisiko ist, ist nicht wirklich klar.”
Gleichzeitig beschwerte sich der Journalist, der offensichtlich nicht up to date war, darüber, von den IDF mit Informationen nachgerade bombardiert zu werden. Die demonstrativ zur Schau gestellte Unlust, Fakten wahrzunehmen, dazu zählen eben auch langweilige Zahlen über Warenlieferungen nach Gaza, ließ Richard C. Schneider eine Unwahrheit behaupten.
Ein Einzelfall? Gewiß nicht. Verteidigte Anfang 2013 Michael Konken als Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) die Nahost-Berichterstattung deutscher Journalisten, diese sei “kritisch” und “eine[r] besondere[n] Verantwortung [..] aufgrund des Holocaust” verpflichtet, waren auch im vergangenen Jahr die Voreingenommenheiten nicht selten.
Oder waren es Unachtsamkeiten? Im Juni behauptete die tagesschau auf ihrer Website, “Israel baut weitere Siedlungen”, obgleich, wie es im so überschriebenen Beitrag richtig hieß, die israelische Regierung bloß über den Ausbau bestehender Wohngebiete nachdachte. Drei Wochen lang überlegte sich ein Verantwortlicher eine kurze E-Mail:
“Sie haben recht: Es sollten weitere Wohnungen in bestehenden Siedlungen gebaut werden. Das haben auch unsere Quellen so gemeldet, der Fehler lag bei uns.”
Die falsche Überschrift wurde im beanstandeten Artikel geändert, auf der zugehörigen Diskussionsseite tut sie gleichwohl noch immer und wohl für alle Ewigkeit ihre Wirkung. Seit ihrer Formulierung unverändert blieb auch eine Überschrift bei SPIEGEL online: “Israel erwidert trotz neuer Waffenruhe Beschuss aus Gaza”.
Was möchte ihr Autor wohl mitteilen? Daß Waffenruhe ist, selbst wenn die Hamas mit Raketen schießt? Oder schießen die Islamisten nur in Notwehr zurück? Die deutsche Website des Wall Street Journal jedenfalls ist sich seit Ende Oktober sicher, “Israel schürt neue Gewalt mit Siedlungsplan”. Sind Wohnungspläne gefährlicher als Raketen?
Immerhin in einem Fall indes zeigten deutsche Journalisten 2014 einen gewissen Anstand. Nachdem sie teilweise auf ihn hereingefallen waren, distanzierten sie sich erfreulich schnell und deutlich von ihrem “Kollegen” Martin Lejeune, dessen zweifelhafte Aussagen in der Behauptung gipfelten, die Hamas habe “Kollaborateure” doch “sehr sozial” hingerichtet.
Es wäre allerdings falsch, von diesen Fall auf einen allgemeinen Trend einer Besserung zu schließen. Beim Deutschlandfunk etwa durfte am 15. Dezember ein “Stringer” auftreten, der als besonders glaubwürdige Quelle vorgestellt wurde, obgleich er doch nicht verbarg, wem seine Sympathien gelten, und krude Thesen vorstellte, die zumindest Anlaß hätten sein müssen für Nachfragen.
Selbsternannte Verteidiger eines “Abendlands”, das für sie wohl spätestens an den Grenzen Sachsens endet, klagen über eine “Lügenpresse”, über “Lügenmedien”. Die gibt es nicht. Auch nicht mit Blick auf ihre nicht eben selten seltsame Israel-Berichterstattung. Eine weiterhin gewagte Behauptung bleibt es jedoch, Medienschaffenden eine “besondere Verantwortung” zu bescheinigen.
 tw24

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