Am Weihnachtsabend tritt Emile B. aus der Kathedrale der koptischen Christen in Nag-Hammadi direkt in den Kugelhagel. Nach der Christmette am 7. Januar 2010 eröffnet ein Islamist das Feuer, sechs Gottesdienstbesucher sterben in der ägyptischen Stadt. Viereinhalb Jahre später flieht Emile B. mit seiner Frau und den beiden kleinen Kindern am frühen Abend aus dem Asylbewerberheim im nordrhein-westfälischen Burbach vor 50 islamistischen Angreifern mit dem Taxi zu einem koptischen Christen nach Siegen. Die Polizei begleitete die Familie zu dem Taxi, weil ihr klar geworden war, dass die sechs Sicherheitsmitarbeiter in dem Asylerstaufnahmelager vor Ort nicht mehr in der Lage waren, die koptische Familie zu schützen.
Drei Wochen nach dem Angriff hat Emile B. immer noch Schmerzen, sein Brustbein ist blau geschlagen. "Das Schlimmste sind aber die Bilder in den Köpfen meiner Kinder, die ich nun versuchen muss, zu löschen", sagt der 36-jährige Bauingenieur. Die sechs Jahre alte Marvel und der dreieinhalbjährige George mussten mit ansehen, wie ihr Vater vor dem Eingang des Asylbewerberheims zusammengeschlagen wurde.
"Gott sei Dank kam der größte und schwerste Sicherheitsmann und hat sich dazwischen geworfen", erzählt der schlanke Ägypter. Eine halbe Minute später kamen die übrigen fünf Sicherheitsleute und führten ihn und seine Kinder in ihr Zimmer, während die etwa 50 wütenden Männer versuchten, das Security-Personal wegzustoßen, um wieder auf ihn einprügeln zu können.
Dass es auch in Deutschland nicht leicht werden würde, spürte die koptische Familie bereits in den ersten der insgesamt 50 Tage in Burbach. Im Heim wurde zum Abschluss des Ramadans ein Kinderfest veranstaltet, zu dem sich auch Familie B. gesellte. Als der dreieinhalbjährige Sohn quengelte und nicht auf seinem Platz sitzen bleiben wollte, rief B. laut: "George, jetzt komm endlich her!" Das sollte sich als Fehler erweisen. Sofort hätten sich wegen des typisch koptischen Namens die Augen der übrigen Festteilnehmer auf die Familie gerichtet. Einige Männer riefen: "Haut sofort ab, das ist keine Feier für Christen!" Als die Familie den Speisesaal des Heims verließ, habe B. zu einem der Männer, die ihn nach draußen begleiteten, gesagt: "Bringt euren Hass nicht nach Deutschland!"
Die zuständige Bezirksregierung in Arnsberg wollte auf Anfrage der "Welt" keine Stellung zu den Vorfällen beziehen. Der private Heimbetreiber European Homecare bestätigte die Vorfälle. Sprecherin Renate Walkenhorst sagte, man habe die Ausgrenzung gegenüber der koptischen Familie nicht im Einzelnen beobachten können, aber: "Anfeindungen von muslimischen gegenüber christlichen Flüchtlingen kommen immer wieder vor."
Auch in anderen Asylbewerberheimen kommt es immer wieder zu islamistisch motivierten Übergriffen auf christliche Flüchtlinge, bereits im August berichtete die "Welt" über mehrere Betroffene.
welt
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