Ein Büttenredner aus Köln wurde von der
Bühne vertrieben, weil er grüne Politikerinnen derb attackierte. Teile
des Establishments verstehen immer weniger Spaß.
Ein bekannter Kölner Büttenredner ist mitten in der Session
zurückgetreten, weil sein Herz die Aufregung nicht mehr mitmacht. Und
zwar nicht den Jubel seines Publikums, sondern den Ärger, der jüngst um
einige Inhalte seiner aktuellen Büttenrede entstanden war. Jupp Menth
(70), war jahrelang als „Kölsche Schutzmann" auf den Bühnen erfolgreich,
kürzlich wurden seine Angriffe auf Grünen-Chefin Simone Peter und
andere Politiker heftig kritisiert.Dass Menth, selbst früherer Polizeibeamter, auf Peters Aussagen zum Polizeieinsatz in der Kölner Silvesternacht scharf reagiert hat, mag nicht verwundern. Thema war dies auch bei vielen seiner Kollegen, Menth, der bei seinen Auftritten zu einer derberen Sprache neigt, formulierte es so: „Wenn sie ein Kerl gewesen wäre, würde ich sagen: ‚Sie sind ein Arschloch‘“. Solches Vokabular kann schon vorkommen, Anfang der 1990er Jahre hat der Kabarettist Jürgen Becker in der „Stunksitzung“ mal über den damaligen Kölner Erzbischof Kardinal Meisner geurteilt: „Aber ein Arschloch ist er doch“ (das Wort wurde in der WDR-Fernsehübertragung akustisch unkenntlich gemacht, hatte aber sonst keine Konsequenzen).
Die Probleme begannen, als die Kölner IG Metall in der regionalen Boulevardzeitung Express von derlei Attacken erfuhr und Menth kurzfristig aus dem Programm ihrer Karnevalsveranstaltung strich – ein angesichts langer Buchungszeiträume und der Bedeutung namhafter Redner sehr ungewöhnlicher Vorgang. „Von den Zeiten des Nationalsozialismus einmal abgesehen, gab es die Ausladung von Rednern höchst selten bis gar nicht“, urteilt Sven Hansel, Buchautor zum Thema Büttenreden. Hansel verweist auf die staatskritische Tradition des Karnevals und regt an, das Publikum über die Qualität der Auftritte entscheiden zu lassen (und sei es durch Ausbuhen), statt sie im Vorfeld zu unterbinden. Das erinnert an die „No-Platform“-Aktionen z.B. an Universitäten, wo missliebige Redner ausgeladen bzw. an der Teilnahme gehindert werden sollen.
„Persönlich geschmacklose, frauenfeindliche, sexistische Äußerungen so unterhalb der Gürtellinie“ hätten den Ausschlag gegeben, so ein zuständiger IG-Metall-Funktionär. Kaum anzunehmen, dass in der Vergangenheit bei der Gewerkschaftssitzung immer solche Maßstäbe gegolten haben. Vielleicht fand man die angegriffenen Parteifarben nicht ausgewogen genug. „Darf ich dann bald als Redner auch keine Merkel-Witze mehr bei der CDU-Sitzung machen?“, fragte Menth gegenüber dem Express.
Der Kölner SPD-Chef Jochen Ott MdL (gescheiterter OB-Kandidat und nach der Korrektur des Kommunalwahlergebnisses aus dem Stadtrat geflogen), ging sogar noch weiter: „Gerade in diesem Jahr und nach der Vereidigung des neuen Präsidenten der USA müssen alle mehr ihre Worte wägen.“ Wegen Trump aufpassen, was man im deutschen Karneval sagt – da hat der gelernte Lehrer Ott offenbar weder das hohe Gut der Meinungs- und Kunstfreiheit noch diese amerikanische Präsidentschaftswahl auch nur annähernd begriffen. „Menth trifft den Nerv der Menschen – in Zeiten des Wahlkampfes sogar besser, als manch Politiker es sich wünscht“, urteilt der Journalist Bastian Ebel.Damit ist es nun vorbei. Insbesondere ein Schreiben des grünen Bürgermeisters Andreas Wolter an das Festkomitee Kölner Karneval mit der Aufforderung, die Dachorganisation möge Büttenrednern „‚rote Linien‘“ setzen, hat Menth so aufgeregt, dass der in dieser Hinsicht Vorbelastete nach einem Auftritt am vergangenen Freitag an Herzrhythmusstörungen litt und am Samstag auf dringendes ärztliches Anraten seine Karriere sofort beendete.
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