Tuesday, May 03, 2016

Ende der Schonzeit für die Platzhirsche

Die Platzhirsche der repräsentativen Demokratie, die regierenden und die kommentierenden von Merkel/Gabriel bis zu Kleber/Augstein, wussten von Anfang an: Bei dem rasanten Aufstieg der AfD kann es nicht mit rechten Dingen zugehen. Wer sich anheischig macht, ihnen das Rudel, das Volk, zu entführen, muss mit dunklen Mächten im Bunde sein, die politische Seele dem Leibhaftigen verschrieben haben. Unter jedem Hosenbein erkennen die Rechtgläubigen seinen Pferdefuß. „Neonazis in Nadelstreifen“, wollte ein SPD-Politiker bei einer Pegida-Demo gesehen haben, dabei trugen fast alle Parkas und Windjacken.
Von einer Verschwörung alternder „Wirtschaftsprofessoren“ war anfangs die Rede. Später erkannte man Schlimmeres. Allenthalben wurden die Wiedergänger des überwundenen Rechtsradikalismus ausgemacht. Sie, hieß es, gäben den Ton an. Schneller als sich die Partei profilieren konnte, durchschauten die berufenen Eliten, das demagogische Konzept der AfD. Unter ihrem Banner, erfuhren wir von Jakob Augstein, versammelt sich das Volk, ein gefährliches, die Demokratie bedrohendes Element.
Und nun hat das „Institut der deutschen Wirtschaft Köln“ obendrein herausgefunden, dass es sich bei der AfD, so die „Welt am Sonntag“ um „die Partei der Besserverdiener“ handelt:  „33,9 Prozent der AfD-Anhänger kassieren Topgehälter und gehören damit zum reichsten Fünftel der Bevölkerung.“ Welche eine Infamie, einerseits.
Andererseits, nehmen wir alles zusammen, die Wirtschaftsprofessoren, das unbelehrbare Volk und die Reichen, könnten wir leicht zu dem Schluss kommen, dass die AfD drauf und ran ist, eine „Volkspartei“ zu werden. Aber natürlich wissen wir auch, dass das Volk schon immer des Teufels war; bereits Heinrich Heine nannte es den „großen Lümmel“, unberechenbar und gefräßig.
Wie sich die AfD in der Rolle einer „Volkspartei“ einrichten, was sie daraus machen wird, bleibt abzuwarten, mit kritischer Vernunft und ein bisschen Hoffnung vielleicht. Die anderen aber, die etablierten Platzhirsche, werden daran bald keinen Gedanken mehr verschwenden müssen. Wenn sie so weiter machen wie bisher, brauchen ihre Vereine nicht länger befürchten, als „Volksparteien“ in die Pflicht genommen zu werden.
So wie sie sich derzeit geben, haben SPD, FDP und CDU, auch die Grünen und die Linken ihren Job getan, der AfD in den Sattel geholfen. Was danach kommen könnte, können sie sich nicht ausmalen. Sie verstehen die Welt nicht mehr. Mit Brettern vor den Köpfen fühlen sie sich zunehmend verfolgt, von den Bürgern, den bösen Geistern umzingelt.
It’s time to say goodbye.
achgut / Thomas Rietzschel

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