Van der Bellen hat live vorgeführt, dass er nicht weiß, was
Demokratie ist, wie Demokratie funktioniert. Er prahlte damit, dass ihn
die meisten Häuptlinge der europäischen Nomenklatura unterstützten oder
gar den Österreichern ans Herz legen würden, wie beispielsweise der
nicht ganz unzwielichtige Immer-Oben-Schwimmer Jean-Claude Juncker, der
als Obereuropäer den Österreichern empfohlen hatte, Van der Bellen am
22. Mai zum Präsidenten zu machen. Er prahlte weiter damit, dass die
Künstler auf seiner Seite stünden, wie zum Beispiel der etwas in die
Jahre gekommene Aktionskünstler Andre Heller und Oskarpreisträger
Christoph Walz – und fragte Hofer, wer denn nun ihn unterstützte.
Vielleicht ganz einfach die Wähler. In Österreich wird der
Bundespräsident vom Volk gewählt und nicht in Brüssel bestimmt und auch
nicht vom europäischen Führungspersonal ausgekungelt.
Van der Bellen vertraut zu sehr darauf, von den allerdings
bröckelnden Strukturen des Systems, wie es im Wahlkampf gelegentlich
heißt, schon irgendwie ins Amt getragen zu werden. Mindestens mit Ach
und Krach und 51 Prozent, Hauptsache irgendwie noch über die Schwelle
rüber.
Intellektuell politisch hat Van der Bellen mehr als ein bloßes
Verwalten des ewigen Weiter so nichts zu bieten. Da hilft auch seine
Vokabel „Neuanfang“ keinen Nanometer weiter. Noch mal ein paar Jahre
gemütlich auf dem Wiener Parkett tanzen ohne jede erkennbare
Gestaltungskraft, das ist zu wenig und das ist den politischen
Herausforderungen, wie sie sich aktuell darstellen, auch nicht
angemessen.
Im Wahlkampf ist Van der Bellen schon vor seinem möglichen Einzug ins
Präsidentenamt eine lame duck und eine etwas rechthaberische,
kleinkarierte und auch etwas aus der Zeit gefallene dazu. Es hat einen
Grund, dass Van der Bellen die FPÖ-Hasser und das sind mindestens im
veröffentlichten öffentlichen Bereich fast alle, nicht hinter sich
versammeln kann. Die gebeutelten abgestraften, gleichzeitig feist und
ausgemergelten ewigen Regierungsparteien SPD und CDU, achnee, wir sind
ja in Österreich, also SPÖ und ÖVP, sind auch in Sachen Wahl des
Bundespräsidenten desorientiert.
Im ersten Wahlgang war Van der Bellen mit 21,34 der Zweitplatzierte hinter dem erstplatzierten FPÖ-Kandidaten mit 35,05 Prozent.
Die blau-schwarz-grün-rote und pinke Ex-Richterin Irmgard Griss, die
eher mit Selbstüberschätzung glänzt, aber noch nicht so recht verstanden
zu haben scheint, was Politik ist, hatte im ersten Wahlgang, in dem sie
18,9 Stimmen erreichte, wahrscheinlich vor allem noch nicht
entschiedene und parteipolitisch nicht so sehr gebundene Wähler auf sich
vereinigen können. Ihre zögerliche Empfehlung, denn nun doch bitte
schön für Van der Bellen zu votieren, kann gewiss keine Wähler
enthusiasmierende Wirkung erzielen. Diejenigen, die Griss gewählt haben,
werden sich im Zweifel bei der Wahl am Sonntag einigermaßen paritätisch
aufteilen.
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