Sunday, July 05, 2015

Rede im Ramadan

von Wolfgang G. Schwanitz
  • Das griechische Nein zum Gläubigerangebot bestärkt die allgemeine Verunsicherung in Europa.
  • Ähnlich steht es um den Atomstreit mit Iran. Obwohl Yukiya Amanos Atom-Energiebehörde bis Jahresende brauchte, um Irans "Stand zu ermitteln", forciert Präsident Obama in Eile einen Pakt.
  • Inzwischen destabilisieren Jihadis Nordafrika weiter, vor allem Tunesien, Libyen und Ägypten. Obwohl es Erfolge gibt, krankt der Westen an einer effektiven Strategie gegen den "Islamstaat".
  • Zu den "Nebenfolgen" zählen neue Länderbasen der Islamisten, darunter im Sinai. Von dort aus destabilisieren sie sozialökonomische Ansätze in Kairo, wo Parlamentswahlen im Herbst folgen.
  • Kanzlerin Merkel stellte in ihrer Ramadan-Rede den Islamverbänden Grundfragen wie: warum verachten "islamistische Terroristen" Menschenleben, warum verbinden sie Mord mit Glauben?
Die Griechen folgten Premier Alexis Tsipras und wählten Nein zum Angebot der Gläubiger. Dies verunsichert 19 Länder der Eurozone. Präsident Obama will einen Atompakt mit Iran. Setzt sich Iran durch, expandiert es weiter und trumpft in einer Dekade mit Nukes auf. Es sucht das "Islamistische Erwachen" nicht allein in Mittelost. Yukiya Amanos UN Atom-Energiebehörde braucht bis Jahresende, um Irans Stand zu ermitteln. Nach seinem Treffen mit Premier Hasan Ruhani meinte er am 3. Juli, ohne Irans Kooperation gehe dies nicht. Würde Berlin zum brüchigen Pakt eine Notbremse ziehen ebenso für Israels Sicherheit, laut Angela Merkel Teil der deutschen Sicherheit?
Am Mittelmeer erscheint noch Marokkos Casablanca als friedliche Oase. Jedoch überrollt Gewalt Tunesien, Libyen und Ägypten. Von 38 Toten in Tunesien am Blutfreitag waren 30 Briten. Premier Cameron prüft, heftiger den "Islamstaat" zu bekämpfen. Um nicht wie 2013 das Parlamentsvotum zu verlieren, wirbt er bis September um die Oppositionellen. In Libyen traf ein US-Fliegerschlag, siehe New York Times vom 2. Juli, Tunesiens Islamisten Saifallah Bin Hasin Mitte Juni tödlich. Dieser Abu Iyyadh at-Tunisi etablierte 2011 die Ansar ash-Sharia. Er begann in der al-Qaida als "afghanischer Araber" Usama Bin Ladins, führte nach Benghazis Botschaftermord die Jihadis gegen die US-Botschaft Tunis, steuerte dort Mord an zwei linken Führern und an 21 Touristen des Bardo-Museums am 17. März.
Casablancas Hasan II. Moschee. (Foto: Güldem Üstün/Flickr)
Am Nil wurden drei Wahlgesetze revidiert und ab September können Parlamentswahlen laufen (seit März verschoben). Doch töteten Islamisten in Kairo am 29. Juni, am Vorabend des zweiten Jahrestags der Revolte, die den Präsident der Muslimbrüder Muhammad Mursi absetzte, Generalstaatsanwalt Hisham Barakat; und am 1. Juli über 70 Personen auf Sinai, wo Jihadis des "Islamstaats" wie Militärs im "Wilayat Sinai" herumfuhren. Laut al-Ahram vom 24. Juni erlaube ihnen die neue Jihad-Ideologie Militärs und Zivilisten gleichwohl zu töten sowie den "Zufallsjihad" des Individualterrors, ohne vorheriges Absegnen des Emirs oder Mitglied zu sein. Präsident as-Sisi will Wartephasen bei Todesurteilen abkürzen, da viel aus Zellen initiiert würde. Er belastet Muslimbrüder, die am 27. Januar Jihad ansagten. Eigentlich galt der Ramadan als Besinnungszeit. Jedoch heben die Jihadis diese heute auf.

Ramadan-Rede

Wie Abd al-Fattah as-Sisi in Kairo, sieht Angela Merkel Klärungsbedarf durch Führer des Islam. Indes der Präsident Kleriker direkt bat, das Islamverständnis zu reformieren, fragte sie diese: warum achten "islamistische Terroristen" die Menschenleben so gering? Warum verbinden sie Morde mit ihrem Glauben; und das soll nichts mit dem Islam zu tun haben?
Wie wäre es, wenn Islamverbände den Islamismus als historisch und aktuelle Ideologie des Terrors delegitimieren und vom Islam abheben, diesen zur Privatsache machen? Staat und Moschee könnten voneinander ungestörter sein. Es mangelt an Studien zu Islamismus und (Des-)Integration. Kanzlerin Merkel weiß um die Berliner Rolle im Islamismus seit 1894. Zeit, eine effektivere Außenpolitik zu finden. Noch fehlt jener Mittelostkurs, der Ursachen vor Ort mit angeht, statt Symptomkuren wie Tunesiens Grenzsicherung oder Schmuggel-bootversenken am Mittelmeer. Die Idee für Angela Merkels Ramadan-Rede in der Villa Borsig hegte Migrationsbeauftragte Aydan Özoğuz. Eine der besten Reden der Kanzlerin.

Athener Jihadis

Doch der griechische Verteidigungsminister Panos Kammenos drohte am 10. März an, der Welle von Immigranten gleich Papiere nach Berlin zu geben. Unter Millionen Flüchtlingen würden Jihadis des "Islamstaats" sein. Motto: Misshandelt Europa sein Land, dann dreht er an der Terrorschraube. Seine Erpressung, Jihadis für Tumult zu senden. Dies war Berlins Kurs in den Weltkriegen: Islamisten in Kolonialräumen zum Jihad gegen Briten, Franzosen und Russen zu stellen. Das untergrub den geordneten Abbau von Kolonialreichen, die mehr durch Jihadrevolten erpressbar waren. Braune Rassen- und rote Klassenhetze kamen hinzu.

Politislam

Laut Außenbeauftragte der Europäischen Union, Federica Mogherini, am 24. Juni, sei die Diversifizierung Europas Natur, was gegen die Idee von der Kollision Islam-Westen wäre. Man solle nicht Untaten des "Islamstaats" zeigen, der "weder ein Staat noch für Islam ist" [derart bestritten Eurokommunisten, die Sowjets wären keine wahren Marxisten; Chinesen nannten diese sowjetrevisionistische Renegatenclique]. Dies freue nur Jihadis. Sie sehe den "politischen Islam" [Ersatzwort für Islamismus] als Teil Europas an, das inklusiv sein, allen gute "Jobs gegen Radikalisierung" geben möge. Aber es gibt Räume mit viel mehr Armut und weniger Arbeitsplätzen, wo Menschen nicht Terroristen werden, um dies zu beheben.
Angela Merkel erörterte dies anders. Sie fragte die Muslimverbände zu Islamisten und ob diese mit dem Islam zu tun haben. Werden diese reagieren? Sie rüttelt an den schweigenden Majoritäten, ein Kernpunkt aus der Geschichte. Nicht so Mogherini, die den Politislam zu undifferenziert aufhellt. Andererseits beklagt sie die fehlende innere Kohärenz in Europa. Wenn man die Ideologie der Islamisten im "Kalifat" bekämpfe, so die Außenbeauftragte, müsse man sie erst kennen und verstehen. Richtig, gilt der Ansatz wohl auch für Europa?
 gatestoneinstitute

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