Die geplante Auszeichnung des türkischen Premierministers Recep Tayyip Erdogan für seine Verdienste um die interkulturelle Verständigung stößt parteiübergreifend auf Kritik. "Ein Toleranzpreis für Erdogan ist das völlig falsche Signal", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der "Bild"-Zeitung (Freitagausgabe).
Erdogan baue keine Brücken zwischen der islamischen Welt und dem Westen, sondern reiße Gräben auf. Der türkische Premier soll am 10. Mai in Frankfurt am Main mit dem "Avicenna-Preis" zur Förderung des kulturellen Austausches zwischen Orient und Okzident geehrt werden. Offizieller Preisträger ist die Allianz der Zivilisationen und deren Initiatoren, der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan, der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero sowie Erdogan.
Dobrindt appellierte an den Schirmherren der Auszeichnung, den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), von der Ehrung Erdogans Abstand zu nehmen. Auf diesen Appell hin erklärte ein Regierungssprecher Hessens, Koch werde den Preis dem früheren portugiesischen Staatspräsidenten Jorge Sampaio als Vertreter der Allianz aushändigen. Koch werde "selbstverständlich auch keine unkritische Laudatio halten", sondern deutlich machen, welche Ansprüche sich durch den Preis insbesondere an Erdogan richteten.
CSU-Vizechefin Beate Merk sagte, es sei ihr unbegreiflich, wie man auf die Idee kommen könne, Erdogan diesen Preis zu verleihen. Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte "Bild", es gebe "keinen überzeugenden Grund", Erdogan mit dem Preis zu ehren. Der türkische Premier habe noch vor einem Jahr "bei seiner umstrittenen Rede vor 20 000 Landsleuten in Köln eine vollständige Integration als ´Verbrechen gegen die Menschlichkeit´ gegeißelt".
Die SPD-Europaexpertin Lale Akgün sagte der Zeitung: "Erdogan ist keine Integrationsfigur - nicht mal in seinem eigenen Land." Die Grünen-Politikerin Ekin Deligöz sagte: "Zum Stichwort Integration fallen mir viele Menschen ein - Herr Erdogan ist nicht darunter."
(ddp)
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