Politische Konflikte können weit weg sein - und die Stuttgarter Polizei dennoch beschäftigen. Nach einer Messerstecherei am Sonntag zwischen Türken und Kurden beobachten die hiesigen Behörden mit Sorge, dass die Auseinandersetzungen unter den Volksgruppen immer häufiger werden.
Im Dezember 2008 greifen türkische Streitkräfte Posten der verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak an. In den folgenden Monaten wiederholen sich die Attacken. Zuletzt bombardiert die türkische Luftwaffe im Juni kurdische Stellungen.
Am Sonntagabend gegen 23 Uhr geraten auf dem Stuttgarter Schlossplatz mehrere junge Männer aneinander. Der Streit eskaliert. Ein 23-Jähriger wird von einem 17 Jahre alten Jugendlichen mit einem Messer leicht verletzt und greift selbst zur Stichwaffe. Er stößt sie einem 19-Jährigen in Bauch und Rücken. Der Schwerverletzte muss in einem Krankenhaus durch eine Notoperation gerettet werden und befindet sich inzwischen außer Lebensgefahr. Der mutmaßliche Täter wird festgenommen und sitzt jetzt in Untersuchungshaft.
Beide Ereignisse scheinen auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun zu haben - und hängen doch eng zusammen. Der politische Konflikt zwischen Kurden und Türken verschärft sich - auch in Stuttgart. "Wir beobachten das mit Sorge schon seit über einem Jahr", sagt Michael Bouillon, stellvertretender Leiter des Dezernats für Staatsschutz. Der Auslöser seien wahrscheinlich die Angriffe vom Dezember 2008 gewesen. "Das hat zu einer Emotionalisierung des Konflikts geführt", weiß der Experte, "das spielt sich auch in den türkischen und kurdischen Gemeinden in ganz Europa und Stuttgart ab." Vergleichbare politisch motivierte ethnische Konflikte gebe es derzeit nicht.
In Stuttgart hat die Polizei allein in den vergangenen vier Wochen vier Fälle gezählt, in denen es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der beiden Volksgruppen gekommen ist. Welche Staatsbürgerschaft sie besitzen, spielt dabei keine Rolle.
Die Beteiligten vom Sonntag haben alle einen türkischen Migrationshintergrund, aber einen deutschen Pass. Zugehörig fühlen sie sich aber der jeweiligen ethnischen Gruppe, aus der sie ursprünglich stammen.
Mehr...
No comments:
Post a Comment