Monday, November 15, 2010

Graue Wölfe: Wiesbadener SPD-Frauen auf Distanz - CDU-Mann unter Druck

WIESBADEN. Der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks, Arno Goßmann, übermittelte am Freitag die Nachricht persönlich: „Die beiden SPD-Parteimitglieder Gülden Sahin und Ümran Tatarca haben ihre Mitgliedschaft auf der Liste 6, Türkischer Vereinen-Bund, niedergelegt. Sie distanzieren sich auch ausdrücklich von jeglicher Gesinnung des Biebricher Vereins Türkischer Jugend- und Kulturbund“. Man kann es auch so formulieren: Die SPD hat die Reißleine gezogen, und das bringt die CDU gehörig unter Druck. Ihr Vorzeige-Mann Salih Dogan drückt sich vor einer Distanzierung.
Auf eben jener Liste 6 waren die beiden SPD-Mitglieder, – sie kandidieren auch für die kommende Kommunalwahl –, zusammen mit Vertretern des türkischen Rechtsextremismus am Sonntag für die Ausländerbeiratswahl angetreten. Sahin wurde direkt gewählt. Nach Angaben von Goßmann wird sie ihr Mandat als unabhängige Vertreterin wahrnehmen. Sollte Tatarca nachrücken, werde auch sie so verfahren. Die Liste Türkischer Vereinen-Bund stellt sieben Vertreter im Beirat, die mit Abstand stärkste Liste. Tragende Kraft dieser Liste ist seit vielen Jahren der Biebricher Jugend- und Kulturbund, eine offizielle Auslandsvertretung der nationalistischen türkischen Partei MHP.
Der Verein ist nachweislich fest verwurzelt im türkischen Ultranationalismus und Rechtsextremismus. Seit 2004 hatte der Verein über den Ausländerbeirat rund 30.000 Euro an Fördermitteln erhalten. Seit Anfang Oktober hat der „Wiesbadener Kurier“ die politischen Verflechtungen des Vereins offengelegt. Seiner Hilfe bedient sich in besonderem Maße der bisherige Vorsitzende des Ausländerbeirats, Dogan. Das CDU-Mitglied kandiert für die Kommunalwahl im März 2011. Die Liste 6 sei „seine“ Liste, hatte er letzte Woche erklärt. Pauschal hatte sich der in die Kritik geratene Dogan von jeglichem Extremismus distanziert, den Biebricher Verein aber nicht ausdrücklich erwähnt. Dort war sein Vater ab November 2007 für ein Jahr Vorsitzender, sein Bruder Beisitzer.
Nach der Distanzierung der SPD-Frauen wächst der Druck auf Dogan. „Dieser Schritt der beiden SPD-Frauen muss Dogan zum Nachdenken bringen“, kommentiert Horst Klee, Kreisvorsitzender der CDU. Notwendig werde sicher mehr als die bisherige pauschale Distanzierung. Klee ist auch damit konfrontiert, dass zumindest ein CDU-Mitglied im Vorstand des rechtsextremen türkischen Vereins sitzt - Emre Altinok. Der junge Mann sieht keinen Widerspruch zwischen seiner CDU-Mitgliedschaft in Wiesbaden und der Sympathie, wenn nicht noch mehr, für die MHP in der Türkei. Das hat der junge Mann im Gespräch betont. Nicht hinnehmbar, findet Klee. „Die MHP ist eine nationalistische, fast faschistische Partei, und mit ihr wollen wir nichts zu tun haben.“ Mit Altinok werde es ein Gespräch geben, wie auch mit Salih Dogan. Übernächste Woche tage der Kreisvorstand, und spätestens dann müsse „Butter bei die Fische“, kündigt Klee an.
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