Er würde sich wünschen, dass die islamischen Verbände hierzulande als
»Brückenbauer« bei der Integration der ja zu 70 Prozent muslimischen
Flüchtlinge agierten, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière
vor einigen Wochen auf der Islamkonferenz. Kritiker wie der
palästinensische Psychologe Ahmad Mansour vom liberalen Muslimischen
Forum Deutschland sprachen daraufhin von einem »Jahrhundertfehler«, den
konservativen muslimischen Verbänden die Einbindung der Migranten in die
Gesellschaft anzuvertrauen. Erstere würden »Werte vertreten, die eine
Parallelgesellschaft unterstützen«, so Mansour.
Moniert wurde
zudem, dass die Bundesregierung offenbar die Herkunft aus dem
islamischen Kulturkreis als gleichbedeutend mit einem entsprechenden
Bekenntnis der unter Umständen gar nicht religiösen oder
nichtislamischen Glaubensgemeinschaften angehörenden Flüchtlinge
gleichsetzt. Nicht nachvollziehbar ist zudem, warum eine angenommene
Religionszugehörigkeit als das bei der Integration entscheidende
Identitätsmerkmal angesehen wird und nicht etwa Kultur oder berufliche
Fertigkeiten.
Der größte der von de Maizière als
»Integrationslotsen« ausersehenen Verbände ist die Türkisch-Islamische
Union der Anstalt für Religion e. V. (DITIB) mit bis zu 900
angeschlossenen Moscheegemeinden. Der Dachverband, der etwa in Hessen
maßgeblich den Islamkundeunterricht mitgestaltet, ist wiederholt wegen
seiner Anbindung an die türkische Regierung, wegen Sympathien von
Mitgliedern für »dschihadistische« Terrorgruppen und wegen
antisemitischer Hetze in die Kritik geraten. Die dem staatlichen
Religionsamt Diyanet in Ankara unterstehende DITIB wurde 1982 mit dem
Ziel gegründet, die von den damaligen Putschgenerälen zur
Staatsideologie ernannte »türkisch-islamischen Synthese« unter den
»Auslandstürken« zu verankern und zugleich den Einfluss
radikal-islamistischer Gruppierungen zurückzudrängen. Doch seit 13
Jahren stellt die Nachfolgerin solcher einst bekämpfter Gruppierungen in
Form der religiös-nationalistisch ausgerichteten Partei für
Gerechtigkeit und Fortschritt (AKP) die Regierung in der Türkei. Seitdem
wurde die DITIB zu einem gehorsamen Werkzeug des Staatspräsidenten
Recep Tayyip Erdogan. Dessen Kritiker berichten, dass DITIB-Imame als
V-Leute des türkischen Geheimdienstes fungieren und Wahlwerbung für die
AKP machen. So bedankte sich der AKP-Lobbyverband Union
Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) mit einer Urkunde bei der DITIB
für die »Unterstützung bei den Wahlen am 1. November«, wie die
Tageszeitung Zaman berichtete.
jungewelt
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