Über Nationalität und die Hautfarbe gesuchter Straftäter macht die Polizei generell keine Angaben. Nicht einmal dann, wenn es sich um einen Mord handelt. Dahinter steht die Furcht, die Bevölkerungsgruppe des Täters zu diffamieren. Jetzt versuchen Kriminalbeamte, sich von dieser Fessel zu befreien. Ein Fallbeispiel aus Köln.
Wie viel Angst vor ungewollter Diskriminierung verträgt der Kampf gegen Kriminalität? Darf man zum Beispiel die Identität eines mutmaßlichen „Ehrenmörders“ so anonymisieren, dass die Fahndung dadurch behindert werden kann? Und ist es ratsam, über eine ganze Kriminellengattung möglichst wenig wissen zu wollen – aus Furcht, die Bevölkerungsgruppe des Täters zu diffamieren?
Solche Fragen hat nun ein mutmaßlicher Ehrenmord in Köln aufgeworfen. Dort, im von Zuwanderung geprägten Stadtteil Bilderstöckchen, stand am 13. Oktober 2009 die 29-jährige Hannah H. im Innenhof ihres Wohnblocks, als sie von ihrem Ehemann überrascht wurde. Der begann sie laut Zeugen zu beschimpfen, dann zückte er ein Messer und tötete sie vor den Augen von Passanten – angeblich mit mehreren Dutzend Messerstichen ins Gesicht. Nur wenige Minuten später waren Polizei und Sanitäter am Tatort. Doch es war zu spät. Hannah H., Mutter von drei Kindern, starb. Und ihr Ehemann floh.
Bei der rasch eingeleiteten Fahndung blieb die Beschreibung des Gesuchten jedoch merkwürdig unscharf. Da wurde von einem Mann gesprochen, 30 bis 40 Jahre alt, mit dunkler Hose, 170 bis 175 Zentimeter groß. Kein Wort verlor die Polizei über Haarfarbe, Hautfarbe, Deutschkenntnisse oder Nationalität des Gesuchten.
Und noch immer lehnen Polizeisprecher jede Auskunft zu nationaler oder religiöser Identität des Mannes ab, um keine Bevölkerungsgruppe zu diffamieren, wie es bei der Kölner Polizei heißt – obgleich mehrere Nachbarn darüber bereits ausgiebig die Medien informiert haben. Demnach handelt es sich bei dem mutmaßlichen Mörder um einen muslimischen Jordanier und bei der Ermordeten um eine alteingesessene Deutsche, die zum Islam konvertierte und bis zum Tag ihrer Ermordung Kopftuch trug. Mit ihrem Mann soll sie zwischenzeitlich in dessen jordanischem Heimatland gelebt und sich für arabische Kultur und die Religion ihres Mannes geöffnet haben.
Doch all dies erfuhr die Öffentlichkeit allein aus den Medien, deren Reporter mit den Nachbarn des Opfers gesprochen hatten. Dagegen protestieren nun Polizeivertreter wie Wilfried Albishausen, der stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Er warnt davor, die Fahndungsarbeit zu gefährden und die Pflicht zur Information der Öffentlichkeit derart zu vernachlässigen.
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