Eingebürgerten Ausländern darf der deutsche Pass entzogen werden, wenn sie ihre alte Staatsbürgerschaft wieder annehmen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss (2 BvR 1339/06). Die Richter nahmen die Beschwerde eines im März 1999 eingebürgerten und später wieder ausgebürgerten Türken nicht zur Entscheidung an.
Der Türke hatte dem Gericht zufolge wenige Monate nach seiner Einbürgerung unter Ausnutzung einer damaligen Gesetzeslücke einen Antrag auf Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft gestellt und diese dann im Februar 2001 erhalten. Daraufhin zogen Behörden in Frankfurt am Main seine deutschen Ausweispapiere ein. Nach dem 2000 in Kraft getretenen Staatsangehörigkeitsgesetz verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem freiwilligen Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit. Zuvor galt dies nur dann, wenn sich der Wohnsitz und der gewöhnliche Aufenthaltsort eines Betroffenen nicht in Deutschland befanden.
Die Verfassungsrichter entschieden, dass es sich nicht um einen verbotenen Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit handelt und bestätigten damit die gesetzliche Regelung. Diese dürfe auch dann angewendet werden, wenn der Antrag auf den Erwerb der alten Staatsbürgerschaft vor dem Inkraftreten der Änderung gestellt wurde. Das im Grundgesetz verankerte Ausbürgerungsverbot sei nicht verletzt. Der Betroffene habe es selbst in der Hand gehabt, die deutsche Staatsangehörigkeit zu behalten.
Von der Gesetzesänderung ist dem Gericht zufolge "eine große Zahl" eingebürgerter Personen betroffen. Nach Angaben der Türkischen Gemeinde in Deutschland haben rund 50 000 in der Bundesrepublik lebende Türken nach Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft keinen gesicherten Aufenthaltsstatus. Der Vorsitzende der Organisation, Kenan Kolat, kündigte für den 31. Januar eine Demonstration vor dem Bundesinnenministerium in Berlin an. Er forderte eine "humanitäre Lösung" für die Betroffenen.
Baden-Württembergs Innenminister Rech betonte, die Gerichtsentscheidung zeige nachdrücklich, dass der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit "eine vorbehaltslose Willensentscheidung für die deutsche Verfassungs- und Werteordnung" verlange. Die Entscheidung für die deutsche Staatsangehörigkeit dürfe kein Lippenbekenntnis sein, sondern müsse eine klare und verbindliche Hinwendung zur deutschen Gesellschaftsordnung erkennen lassen.
(ddp)
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