Saturday, July 19, 2014

Wenn der „Peace“-Bus dreimal klingelt

von Gerrit Liskow
Die Einwohner von S’derot haben in den letzten 14 Jahren so einiges durchgemacht, unter anderem 10.000 Raketenangriffe aus Hamastan. Wenn der Alarm angeht, haben sie genau 10 Sekunden, mit ihren Kindern in Deckung zu gehen, bevor es kracht. Das an sich ist alles nichts Neues – aber jetzt schlug auch noch der „Peace“-Bus ein.
Der „Peace“-Bus ist eine lustige Happy-Hippie-Initiative, die sich einen unheimlich duften, „friedlichen“ Reisebus samt Fahrer gechartert hat um für die Sache des „Friedens“ im Süden von Israel rumzugurken und ihren CO-Zwo-Fußabdruck zu vergrößern; sonst ist man in diesen Kreisen ausschließlich mit dem Fahrrad unterwegs, wegen dem Klimawandel und so, aber so eine schöne Gruppenreise gönnt man sich denn doch.
Und selbstverständlich sind beim „Peace“-Bus auch arabische Bürger des Staates Israel mit von der Partie; nicht wegen der Quote, nein, nein, sondern damit die Organisatoren sich und anderen beweisen können, dass das ganz normale Menschen sind, mit denen man sogar super verreisen kann.
Apropos: Ließe sich die Einschränkung der Stromversorgung in Gaza nicht auch als Beitrag zum Klimaschutz verstehen? Man sollte gelegentlich mal prüfen, ob die Operation Schutzkante sich nicht für Fördergelder der EU qualifiziert, von wegen CO2, Stromsparen und so weiter. Aber jetzt zurück zum „Frieden“.
Ganz bestimmt haben auch die Heinrich-Böll-Stiftung, die EU, die UNO und noch ein paar andere NGOs ihre Finger in der linksalternativen Happy-Hippie-Initiative mit drin, und ganz bestimmt sind unter den Passagieren die Feng-Shui-Berater, Homöopathinnen und andere Spinner gegenüber der Normalbevölkerung stark überrepräsentiert; ganz abgesehen von deutschen Schriftstellern mit Nobel-Preisambitionen, die hin und wieder ein „Gedicht“ über Israel schreiben. Wo steckt eigentlich Franziska Augstein?
Anders ist es nicht zu erklären, wie es zu dem Kulturschock kommen konnte, den der peacige Haufen bei seinem Aufschlagen in S’derot erleben musste. War das der viel beklagte Unterschied zwischen Theorie und Praxis, der sich hier abspielte? Hatte irgendwas davon in der Powerpoint-Präsentation gestanden, die man selbstverliebt verschlafen hatte? Oder ist es am Ende gar so, dass die Wirklichkeit ganz anders ist als das, was man sich in der „Peace“-Bus-Szene über sie zu denken pflegt? Die wirkliche Wirklichkeit, und nicht etwa die Realität in den Happy-Hippie-Köpfen.
Die Irritation, wenn nicht die Abscheu, stand diesen jungen, bedauernswert idealistischen Menschen geradezu ins Gesicht geschrieben, als sie in S’derot ausstiegen um mit ihren lustigen gruppendynamischen Spielchen und „friedlichen“ Happenings die Einwohner der Kleinstadt am Südrand zum Gaza-Streifen davon zu überzeugen, dass „Peace“ einfach eine super Sache ist; und dass die S’deroter einfach mehr tun müssen, damit bei ihnen endlich „Frieden“ herrscht.
Mit dieser Message machte der „Peace“-Bus wie gesagt in S’derot halt; Vorwarnzeit bis zum Raketeneinschlag 10 Sekunden, 10.000 Raketen in den letzten 14 Jahren, wie gesagt.
Was sich sodann an der Bushaltestelle abgespielt haben muss, geht aus den beiden unten verlinkten Bilddokumenten nur andeutungsweise hervor. Um es kurz zu machen: Die S’deroter waren „not amused“ vom „Peace“-Bus und reagierten nur sehr wenig mediationsorientiert, dafür aber ungemein gruppendynamisch auf die selbsternannten Sozialarbeiter. So gruppendynamisch, dass die lustigen Happy-Hippies sich schnell wieder in ihrem „Peace“-Bus verkrümelten, Fenster und Türen verriegelten und sich mit unbekanntem Fahrtziel verpeacten, äh: verpissten.
Man hat sich von irgendwelchen dahergelaufenen Besserwissern und Klugscheißern nur sehr wenig über Frieden erzählen zu lassen, wenn man nicht erst seit gestern in S’derot wohnt; so in etwa muss die Stimmung an der „Peace“-Bus-Haltestelle gewesen sein.
Im ersten Bilddokument rufen die Einwohner: „Zieht mit euren Kindern her und seht mal, wie das ist, wenn sie die ganze Nacht nicht schlafen können.“ Jemand anders ruft: „Was haben diese Idioten hier verloren? Schmeißt sie raus!“ Dazwischen ruft jemand „Hamasniks – Terroristen!“
Im zweiten Video ruft eine Dame: „Ihr lauft in unserem Blut herum!“ Andere sagen: „Fahrt nach Gaza und erzählt das den Arabern.“
 haolam

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