Claudia Rossel ist entsetzt. "Hier speisen Nazis" lautet nur eine der
Botschaften, die Unbekannte an der Vereinsgaststätte des SV Erbenheim in
Wiesbaden hinterlassen haben. "Ich fühle mich bedroht", sagte Pächterin
Rossel hessenschau.de am Dienstag hörbar aufgeregt . In dem Lokal
namens "Im Ländchen" veranstaltet die Alternative für Deutschland (AfD)
regelmäßig Themenabende.
Die von Rossel gepachtete
Gaststätte war schon einmal beschmiert worden. "Das ist jetzt aber eine
viel größere Dimension", sagte sie zu den unübersehbaren
Farbbeutelwürfen und Schmierereien in der Nacht zum Sonntag. Nein.
Mitglied der AfD sei sie nicht.
Sie übernahm die Gaststätte vor
viereinhalb Jahren. Seit Mitte 2015 ist die AfD dort nach eigenen
Angaben zu Gast. "Sie verhalten sich vorbildlich und anständig", sagt
Rossel. "Schafft sich Deutschland ab?" oder "Integration und
Kompatibilität verschiedener Kulturen" lauten die Themen, die die AfD in
der Gaststätte öffentlich diskutieren will - auch mit
"Andersdenkenden", wie die Partei auf ihrer Facebook-Seite schreibt.
Der Beschimpfung als "AFDAP" im
Anklang an die NSDAP entging die AfD bei der jüngsten Farbattacke
trotzdem nicht. Nach Polizeiangaben entstand ein Schaden von mehreren
Tausend Euro. Hinweise auf die Täter haben die Ermittler noch nicht.
Auf der Onlineseite linksunten.indymedia.org
bekennen Unbekannte: "Wir haben das AfD-Stammlokal in
Wiesbaden-Erbenheim mit Farbe markiert." Rossel wird in der
Bekennerbotschaft aufgefordert, "der AfD zukünftig keine weitere
Plattform für rechte Hetze zu geben".
Die Wirtin denkt aber nach
eigenen Angaben nicht daran, klein beizugeben. "Ich brauche doch meine
Gäste. Und die AfD ist schließlich demokratisch gewählt", sagt sie und
fügt trotzig hinzu: "Außerdem will ich nicht, dass die, die uns unter
Druck setzen, auch noch Erfolg haben.“
Die AfD erreichte bei den Kommunalwahlen im März in Wiesbaden 12,8 Prozent, das stärkte Ergebnis der Partei
in Hessen bezogen auf die kreisfreien Städte. Wie in anderen Kommunen
auch, zeigten sich die etablierten Parteien im Stadtparlament entsetzt
über dieses Abschneiden und lehnte eine Zusammenarbeit mit der AfD ab.
Robert Lambrou, Schatzmeister
und Sprecher des Wiesbadener AfD-Kreisverbands, sagte hessenschau.de:
"An die Graffiti hatten wir uns fast schon gewöhnt, aber mindestens zehn
Farbbeutel haben eine neue Qualität." Schon vor der Kommunalwahl seien
in Wiesbaden hunderte Wahlplakate der Partei zerstört oder gestohlen
worden. "Außerdem wurde unser Internetserver angegriffen."
Anfang April hätten acht der elf AfD-Stadtverordneten vor ihrer Haustür mit Schablone und wetterfester Farbe gemalte Graffiti vorgefunden. "Die Angriffe werden immer massiver und persönlicher." Lambrou betonte: "Man kann unsere Thesen zum Kotzen finden. Aber wir sind kein Freiwild, sondern bitten um demokratischen Diskurs."
Pächterin Rossel sagte, die Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen sei aus Kostengründen "nicht so einfach". Ob die AfD die Gaststätte weiter als Tagungsort nutzen wird, ist unklar. "Wir wollen niemandem zur Last fallen", sagte Lambrou.
hessenschau.de
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