Nachdem das amtliche Endergebnis der Berlin-Wahl vorlag, dauerte es keine halbe Stunde, und das politische Establishment hatte den Fall gelöst: „Unseren“ Wählerinnen und Wählern wurde „Angst gemacht“, sie wurden „von Demagogen in die Irre getrieben“ und man hat sie „politisch ausgenutzt“. Kurz gesagt: Es war alles nur ein Missverständnis, nur ein Kommunikationsproblem. Bestimmt war bei der Vermittlung „unserer“ Inhalte an „unsere“ Wähler irgendwas in der Übersetzung verloren gegangen – nur was?
von Ramiro Fulano
Der Reim, den sich Team Schwarz-Rot-Grün auf das Berliner Wahlergebnis
macht, ist nur zur Hälfte richtig und deshalb ganz verkehrt. Aber er ist
nicht bemerkenswert, weil er falsch ist, sondern weil die offizielle
Moral von der Geschicht‘ vor allem eines ist: politisch zu bequem und
individuell zu komfortabel. Wer den sich verfestigenden Trend zum
sogenannten Rechtpopulismus auch nach der fünften Landtagswahl innerhalb
eines knappen halben Jahres noch immer für ein Missverständnis hält,
macht es nicht nur sich selbst zu leicht, sondern er unterstellt den
Wählerinnen und Wählern zudem, dass sie irgendwas nicht richtig
verstanden hätten. Vielleicht, weil sie zu dumm sind? Weil sie nicht
wissen, was sie tun? Sonst wäre dieses „Missverständnis“, dieses
Kommunikationsproblem, dass sich nun als AFD geriert, doch gar nicht
erst entstanden. Nicht wahr, lieber medialer und politischer
Staatsapparat?
Tatsächlich drängt sich angesichts dieser Wahlergebnisse der Verdacht
auf, dass die Wählerinnen und Wähler nicht nur daran interessiert sind,
dass man „ihnen zuhört“, „mit ihnen spricht“, auf ihre „Sorgen und Nöte
eingeht“ oder „ihre Ängste ernstnimmt“, sondern dass man zudem endlich
Lösungen findet, die nicht darauf basieren, den letzten verbliebenen
Steuerzahlern immer tiefer in die Tasche zu fassen. Dem ganzen Reigen
dieser überheblichen Polit-Floskeln steht die Heuchelei ins Gesicht
geschrieben und selbst wenn Menschen es nicht direkt in Worte kleiden
können, fällt den meisten auf, dass sie auf diese billige und
selbstgefällige Art hinters Licht geführt werden. Genau das versucht
man, wenn man das Erstarken der politischen Opposition zweckdienlich auf
ein Kommunikationsproblem reduzieren möchte – weil das die einzige
Ebene ist, auf der die offizielle Politik noch funktioniert.
In diesem Zusammenhang muss man die Damen und Herren von Team
Schwarz-Rot-Grün dann allerdings darauf aufmerksam machen, dass von
psychologischen Diagnosen und therapeutischen Eingriffen bereits eine
ganze Branche lebt. Und das ist nicht die Politik. Wenn sich die
offizielle Politik und ihre Medien gerne als Psychotherapeuten betätigen
möchten, dann wäre eine entsprechende Ausbildung sicher empfehlenswert.
Anderenfalls sagen die vollmundigen Ankündigungen nach oben zitiertem
Muster mehr über den politischen Regelbetrieb in „diesem unserem Land“
aus, als dem politischen Establishment lieb sein dürfte. Denn wenn man
sie beim Wort nimmt, laufen Angebote zum „Zerstreuen von Ängsten“,
„Ernstnehmen von Nöten“ und andere psychotherapeutische Dienstleistungen
auf nichts weiter als Brainwashing „unserer“ Wähler hinaus. Andere
Lösungen für die konkreten Aufgaben der Zeit hat seitens der offiziellen
Stellen anscheinend niemand und das ist im Wesentlichen eine
Bankrotterklärung der offiziellen Politik.
An ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen, heißt es so schön. Prototyp in
dieser Hinsicht dürfte der neue Berliner Regierende Bürgermeister Müller
sein, der am Wahlabend live und in Farbe vorrechnete, was das
Wahlergebnis aus Sicht der deutschen Sozialdemokratie bedeutet: Dass 85%
der Wählerinnen und Wähler „anständig“ geblieben wären. Anders als sein
großer Vorsitzender griff Herr Müller von der SPD folglich nicht zum
Stilmittel der
Wählerbeschimpfung, bepöbelte „seine“ Ex-Wähler also nicht als
„Pack“, sondern verunglimpfte sie nur indirekt. Man hat wohl bei der SPD
etwas „gelernt“, nur eben nicht das richtige. Immerhin lässt sich auf
dem Rücken der von Herrn Müller zitierten Zahlen ebenfalls mit Fug und
Recht behaupten, dass knapp 80% „unserer“ Wähler nicht die SPD gewählt
haben. So einfach wird aus dem selbstverliebten Fallrückzieher eine
Steilvorlage für ein Eigentor. Und ich will jetzt mal großzügig darüber
hinwegsehen, dass man sich schon wundert, ob der Faschismus nicht
vielleicht doch die entwickelte Form des Sozialismus sein könnte, wenn
man einen Sozi wie Herrn Müller von der „Bekämpfung des politischen
Gegners“ dröhnen hört.
Seitens des eindeutigen Wahlverlierers, der CDU, ging man etwas härter
als bei der deutschen Sozialdemokratie mit sich selbst ins Gericht. Der
eine Spitzenkandidat schied aus (Herr Henkel) und eine zukünftige
Spitzenkandidatin in spe (Frau Dr. Merkel) räumte mit verhaltener
Melodramatik ein, dass sie sich wünscht, „die Zeit zurückdrehen zu
können“ und bestimmte Dinge nie gesagt zu haben. Ersteres ist leider
nicht möglich und mit letzterem ist keinesfalls die im Alleingang
ausgesprochene Einladung an die Unterdrückten und Verfolgten dieser Erde
gemeint (vor allem aber an alle, die sich für „Refugees“ halten),
sondern das berühmt-berüchtigte „Wir-schaffen-das-schon“. Also jenes
Merkel-Wort, das nicht nur die deutsche Bundeskanzlerin, sondern die
halbe EU (sprich: Brüssel ohne die Briten) nicht nur den Schlaf, sondern
vor allem den letzten Nerv geraubt hat. Immerhin sorgt Frau Dr. Merkel
nicht nur dafür, dass die letzten verbliebenen Steuerzahler in Germany
eine gigantische Rechnung für ihre „Willkommenskultur“ aufgebrummt
bekommen (ca. 20 Mrd. Euro pro Jahr), sondern ebenso dafür, dass „Europa
unter deutscher Führung“ sukzessive auseinanderbricht – in einer Art
politischer Explosion in Zeitlupe.
Doch ich würde mit Frau Dr. Merkel nicht zu hart ins Gericht gehen, denn
sie kann es eben nicht besser. Sie hat es nie besser gelernt. Als
Frucht der Ost-Zone ist sie im demokratischen Betrieb der Bundesrepublik
nie wirklich angekommen. Vielmehr hat sie viel dafür getan, dass aus
der westdeutschen Christdemokratie eine zweite Blockflötenpartei wurde.
Ja, liebe Christdemokraten, auch in der DDR gab es eine CDU, und die
aktuell unter dieser Abkürzung bekannte Partei gleicht ihr mit jedem Tag
mehr. Wie heißt es doch bei Lenin ebenso knapp wie richtig? „Die
Opposition lässt sich am besten kontrollieren, indem wir sie selbst
anführen.“ Frau Dr. Merkel kann das Zitat sicher mit Quellenangabe
belegen, denn es gehörte in jeden sozialistischen Staatskundeunterricht.
Vielleicht hätte es die CDU besser verdient, als von der eigenen
Vorsitzenden hinters Licht geführt zu werden. Doch was nützt es alles,
wenn die Betroffenen zusammen mit Eberhard Diepgen von einer
„fortschrittlichen konservativen Partei“ schwärmen, die es gerade mal
auf eine 17 vor dem Komma bringt?
Nun, selbstverständlich haben wir, liebe Leserinnen und Leser, diese
exzellente Politik mit so exquisitem Personal einfach nicht verdient.
Insofern geschieht es uns recht, wenn wir uns von Team Schwarz-Rot-Grün
und seinen amtlichen und halbamtlichen Zentralorganen vorwerfen lassen
müssen, wir hätten etwas „nicht kapiert“ und würden uns „von Demagogen
ausnutzen“ lassen. Wir sind eben, liebe Leserinnen und Leser, einfach zu
schwach und zu fehlbar um die tiefe Weisheit zu erkennen, mit der die
offizielle Politik uns regiert und mit der sie so überreich gesegnet
ist.
Wir sind nun mal darauf angewiesen, dass eine mit esoterischem
Polit-Wissen begnadete Kaste für uns die Zügel in die Hand nimmt, weil
sie sich so viel besser als wir Normalsterbliche darauf versteht, unsere
Geschicke zu lenken. Wir Bürger, liebe Leserinnen und Leser, müssen für
die Politik da sein – nicht umgekehrt. Denn selbstverständlich wollen
die roten und die schwarzen Sozis sowie die Ökopathen nur unser Bestes –
nämlich unser Geld. Und das nicht etwa, weil sie es vor allem mit sich
selbst gut meinen. Sondern weil sie es so viel besser ausgeben können
als wir. Natürlich machen wir es ihnen einfach zu leicht, mit etwas
großzügig zu sein, das ihnen nicht gehört, sondern das sie nur
verwalten. Aber in einer Stadt, in der die eine Hälfte bei Vater Staat
beschäftigt ist und die andere Hälfte Sozialhilfe kassiert, macht man
sich mit derlei Ansichten natürlich recht unbeliebt.
http://haolam.de/artikel_26483.html
No comments:
Post a Comment