Thursday, March 16, 2006

ILI-Interview mit Andrea Livnat:Dass uns Nazis und Islamisten angreifen ist nicht schockierend

ILI Interview mit Andrea Livnat, nach dem Crackerangriff auf haGalil, bei dem der gesamte Inhalt zerstört wurde.

ILI: Schock? Antwort: Nein, dass uns Nazis und Islamisten angreifen ist nicht schockierend. Es ist uns ja klar, dass wir viele Feinde haben. Schockiert hat uns das Verhalten des BMFSFJ, des Bundesministeriums für Familie, im letzten Jahr, wodurch unsere Förderung erst komplett gestrichen und erst nach schwieriger Auseinandersetzung mit einem halben Jahr Verzögerung ausgezahlt wurde, wobei dann aber auch ca. zwei Drittel vom Ministerium einbehalten wurden. Bis heute wurden dafür keine plausiblen Gründe vorgelegt, im Gegenteil: das Ministerium verbreitete ganz bewusst Falschinformationen. Sowas ist schockierend.ILI: Hagalil war bisher grundsätzlich sachlich und ausgewogen.Hat sich Deine Haltung verändert?Antwort: Selbstverständlich nicht! Wir wollten niemals Meinungen, auf die sich Herausgeber, Betreiber und Redaktion von haGalil einigen konnten, zur einzigen Weisheit erklären. Und das wird sich auch nicht ändern. Denn das wäre unserer Meinung nach nicht nur langweilig und dürftig, sondern auch wenig sinnvoll. Wir haben uns immer mit Leuten unterhalten, die ganz konträre Sichtweisen vertraten. Schade nur, dass das scheinbar viel zu wenige begriffen haben, und dass dies so mancher auch nicht akzeptieren kann.Wenn wir von Hasbarah sprechen, also Information und Bildung zum Thema Israel, dann müssen wir uns erst mal um Glaubwürdigkeit bemühen, und die kann man durch Einseitigkeit nicht erreichen. Wir müssen versuchen möglichst viele Menschen zu erreichen, und die können wir nur mit einem vielfältigen Angebot ansprechen. Wobei sich die Vielfalt sowohl auf die Themen, als auch auf die Meinungen beziehen muss. HaGalil ist eben kein Medium um den kleinen Kreis der ohnehin schon Überzeugten immer noch mehr zu überzeugen, oder bei der Stange zu halten, sondern ein Medium, das eben auch jene ansprechen möchte, die von uns garnichts wissen wollen - und das wird auch so bleiben.ILI: Sind je in Deutschland islamische Websites gehackt worden?Antwort: Das weiß ich nicht, da bin ich wohl auch der falsche Ansprechpartner. Ich weiß, dass es Initiativen von Seiten der Antifa gibt, rechte Seiten zu hacken.ILI: Brauchen wir eine „Task Force“ gegen künftige Hackerangriffe?Antwort: Nein, das scheint mir kein geeignetes Mittel, um so etwas in Zukunft zu vermeiden. Ein Hackerangriff ist ja eine technische Sache. Aber mehr Solidarität unter den einzelnen Initiativen wäre wünschenswert. In diesem Zusammenhang möchte ich noch betonen, dass wir uns über die vielen Zuschriften derer , die uns Mut zusprechen und die haGalil auch in Zukunft lesen möchten, sehr gefreut haben!ILI: Ist das der Beginn eines elektronischen Informationskrieges?Antwort: Der hat längst begonnen, schon vor langem. Nur leider haben die Extremisten das Potenzial des Internets wesentlich früher erkannt. Die Frage ist vielmehr, wie man damit umgehen sollte. Wir setzen ja auf eine inhaltliche Gegensteuerung aus der Überzeugung heraus, dass die Gefahren des Internets auch mit Mitteln des Internets bekämpft werden müssen. Gegenseitige Hackerangriffe nutzen da aber natürlich nichts, genauso wenig wie Google-Bombing.ILI: Wie geht es jetzt weiter mit Hagalil?Antwort: Wir spielen im Moment das Backup wieder auf, was wegen der Datenmenge (ca. 18 Giga) noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Das Ganze trifft uns in einem schwierigen Moment. Durch die anhaltenden finanziellen Sorgen mussten wir auch personell zurückschrauben. Grundsätzlich sind auch das die Probleme, die die Zukunft von haGalil mehr bedrohen als der Hackerangriff.ILI: Irgend ein pfiffiger Tip für andere Websites?Antwort: Nicht mit Meinungsfreiheit und Backups geizen!ILI: Wie beurteilst Du den Karikaturenstreit?Antwort: Die Karikaturen an sich haben mir nicht gefallen, ich fand sie einfach plump und dumm. Aber wenn die Reaktionen darauf bis zu Morddrohungen wie "Tötet die Dänen!" reichen, dann geht das über jedes Maß hinaus. Unsere Leser sollten wissen, worum es geht und deshalb haben wir diese Karikaturen gezeigt. Gleichzeitig veröffentlichten wir auch Zeichnungen, wie sie häufig in arabischen Tageszeitungen erscheinen. Hier werden Juden im Vergleich zu den umstrittenen Mohammed-Karrikaturen viel diskriminierender dargestellt: mit spitzen Zähnen, dem obligatorischen Hut, gierigen langen Fingern usw. – da kann ich mich auch pikiert fühlen. Aber ich komme nicht auf die Idee, etwa Ägypter zu jagen oder auf Flaggen rumzutrampeln. Eine gewisse Form der Streitkultur muss man auch von der islamischen Welt verlangen.ILI: Viel Glück und danke für das Gespräch.

www.hagalil.com

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