Thursday, October 21, 2010

Alice Schwarzer fragt: Wird fürs Kopftuch bezahlt?

Als ich am Dienstag letzter Woche bei Maischberger über "Schleier und Scharia" diskutierte, saß neben mir Zehra Yilmaz, die Bildungsbeauftragte der größten Moschee in Deutschland, in Marxloh, mitten im Ruhrpott. Die zweimal Geschiedene und Mutter zweier Töchter – von denen die Große, ganz wie die Mutter, schon das Kopftuch trägt, aber die kleine kopftuchfrei Polizistin werden will – trägt nicht nur das islamistische Kopftuch, das alle Haare als "sündig" verdeckt, sondern auch einen Ganzkörpermantel, der die Konturen ihres Körpers verhüllt. Sie habe sich, so sagte die Tochter einer nicht verschleierten Mutter, "freiwillig" dafür entschieden.
In einer Demokratie wie Deutschland kann Frau Yilmaz so leben. In einem von fundamentalistischen Muslimen beherrschten Land – wie Afghanistan oder Iran – wäre schon eine Scheidung gar nicht möglich bzw. würde sie zu einer Untoten oder echt Toten machen.
An diesem Abend machte ich Frau Yilmaz im Verlauf der Sendung darauf aufmerksam, dass das Kopftuch – dieses Symbol der Schriftgläubigen, die sich nach Mohammeds Worten aus dem 7. Jahrhundert richten – leider keineswegs immer so "freiwillig" getragen würde. Und dass manchmal sogar den Eltern Geld von den Islam-Organisationen gezahlt würde, damit sie ihre Töchter verschleiert in die Schule oder an die Uni schicken. Die Deutschtürkin schien überrascht – und ich versprach ihr Beweise.
Nun stelle ich fest, dass echte "Beweise" zu so einer Problematik fast unmöglich sind. Denn weder die islamistischen Organisationen stehen dazu, dass sie das Kopftuch bezahlen – noch brüsten sich die betroffenen Eltern damit, dass sie dafür Geld nehmen. Verständlicherweise.
Doch unter kritischen IslamwissenschaftlerInnen und SozialarbeiterInnen in den Problemvierteln ist das schon lange ein offenes Geheimnis. In Ägypten zum Beispiel, so berichtet die Islamwissenschaftlerin Rita Breuer, "wird an den Universitäten zunächst mit Gruppendruck gearbeitet. Und wenn das nicht reicht, wird den Vätern Geld geboten". Und in Bosnien, so schreibt mir der Staatsanwalt i.R. Udo Schaefer, Autor einer Einführung in die "Glaubenswelt Islam", erhalten junge Frauen Stipendien, wenn sie sich unter den Hijab begeben und sich "islamisch verhalten".
Für Deutschland berichtete SpiegelOnline bereits 2006, dass die vom türkischen Staat finanzierte und vom deutschen Verfassungsschutz beobachtete Milli Görüs jährlich rund 250 Studienstipendien vergeben an Frauen, die in der Türkei ja bis vor kurzem nicht mit Kopftuch studieren durften. Rund 150 dieser Türkinnen kamen ins tolerante Deutschland oder nach Österreich. Der Löwenanteil der Fördergelder aber – in der Regel pro Person 300-400 Euro im Monat – "gehe an Studenten in Deutschland, deren Stipendienzahl steige. Für März habe Milli Görüs zu einem europaweiten Studententreffen nach Hagen eingeladen. ‚Wir erwarten 1.500 Studenten überwiegend aus Deutschland – allesamt Mitglieder oder Sympathisanten’", erklärte der Milli-Görüs-Sprecher dem Spiegel.
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