In der Einladung zur Vernissage klingt das Projekt richtig gut. Man denkt, da wird mal was für die Künstler getan. Die Volkshochschule Marzahn-Hellersdorf gibt Künstlern Gelegenheit, ihre Werke auf den Fluren des Hauses einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, die Kreativen werden mit den Bürgern zusammengebracht und setzen sich somit viel direkter der Kritik aus als in einer kommerziellen Galerie. So beschreibt der Bezirk sein Programm Artkunstraum. „Fantasievolle & farbreiche Malerei und Zeichnungen“ heißt die aktuelle Ausstellung der Berliner Künstlerin Susanne Schüffel.
Am Freitagabend sollte die Werkschau feierlich eröffnen. Doch die Vernissage fällt aus, die Künstlerin hat abgesagt. Sie darf nur einen Teil ihrer Bilder ausstellen. Fünf Aktbilder wurden vor einigen Tagen abgenommen. „Das ist Zensur“, sagt Susanne Schüffel. Sie ist wütend.
Am vergangenen Montag erfuhr die 46-jährige Künstlerin, dass ihre Aktbilder „mit Rücksicht auf Muslime“ nicht auf den Fluren der Volkshochschule gezeigt werden dürften. So habe es der stellvertretende Leiter der Volkshochschule, Gotthard Hänisch, erklärt. Muslime könnten sich beim Anblick der Zeichnungen „unangenehm berührt fühlen“, erfuhr sie. Muslime, darunter auch aus dem Flüchtlingsheim in der Carola-Neher-Straße, besuchen in der Volkshochschule Deutschkurse.
Susanne Schüffel kann die Begründung des Vize-Chefs nicht akzeptieren. „Es gab gar keinen Konflikt, niemand hat sich über die Zeichnungen beschwert. Das ist vorauseilender Gehorsam“, sagt die Absolventin der Kunsthochschule Weißensee. „Es geht um die Freiheit der Kunst.“ Ihre klassischen Aktzeichnungen zeigten nichts Krasses und Anstößiges. „Es geht um die Schönheit der Frau.“
Der stellvertretende Leiter des Volkshochschule äußerte sich auf Anfrage der Berliner Zeitung nicht zu dem Vorgang. Die zuständige Stadträtin, Juliane Witt (Linke), war am Freitag nicht zu erreichen.
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