Sunday, November 17, 2013

Badische Phantasien

Großen Ärger hat derzeit die Badische Zeitung, weil sie, wie ihr Chefredakteur betont, mit einer Karikatur, die am 9. November veröffentlicht wurde, doch bloß die Politik der gegenwärtigen israelischen Regierung kritisieren wollte.
Der “sehr real existierende und real Politik betreibende israelische Ministerpräsident” habe nämlich versucht, “die Annäherung zwischen den fünf Vetomächten im UN-Sicherheitsrat plus Deutschland sowie dem Iran im Atomkonflikt zu verhindern”.
Und darauf habe der Karikaturist Horst Haitzinger hinweisen wollen, “weil aus seiner Sicht die Lösung des Atomstreits mit dem Iran mehr Frieden brächte”, eine “Annäherung, gegen die Netanjahu mit ‘Taubengift und Schneckenkorn’ zu Leibe rücken wollte”.
“Wer die Zeichnung (die übrigens in mehreren Zeitungen erschienen ist) unvoreingenommen betrachtet, findet dort weder eine stilisierte Judenfigur noch das – mittelalterliche – Klischee vom jüdischen Brunnenvergifter.”
Man kann gewiß darüber streiten, ob es in Deutschland noch “stilisierter Judenfiguren” bedarf, um antisemitische Ressentiments zu bedienen – die Badische Zeitung wähnt sich freilich unschuldig -, an einer anderen Feststellung aber änderte dies nichts.
Thomas Fricker, der Chefredakteur der Badischen Zeitung bekennt in seinem Rechtfertigungsversuch sich dazu, den Lesern seiner Zeitung Unwahrheiten als Fakten zu verkaufen. Er behauptet, die erwähnte “Annäherung” sei gleichbedeutend mit “mehr Frieden”.
Das jedoch ist falsch. Der Flirt zwischen dem Weißen Haus und Teheran stürzt die Herrscher Saudi Barbariens in einige Besorgnis, sogar von “Wut” in Riad wird berichtet, die sich nicht nur im Verzicht des Königreichs auf einen Sitz im UN-Sicherheitsrat äußerte.
“Saudi Arabia has invested in Pakistani nuclear weapons projects, and believes it could obtain atomic bombs at will, a variety of sources have told BBC Newsnight.
While the kingdom’s quest has often been set in the context of countering Iran’s atomic programme, it is now possible that the Saudis might be able to deploy such devices more quickly than the Islamic republic.”
Was angeblich vorhandene israelische Kernwaffen in Jahrzehnten nicht vermochten – die Aussicht auf eine “Annäherung zwischen den fünf Vetomächten im UN-Sicherheitsrat plus Deutschland sowie dem Iran” schaffte es: Riad erwägt, Atommacht zu werden.
Und Saudi Barbarien ist nicht allein. “[T]here will certainly be countries such as Saudi Arabia, Egypt, and maybe even Turkey that will want to obtain nuclear capabilities”, warnt Ephraim Asculai vom Institute for National Security Studies an der Universität Tel Aviv.
Es ist daher eben gerade so, wie Benjamin Netanjahu analysierte: “Iran gives practically nothing, and it gets a hell of a lot. That’s a bad deal.” Ein Deal zudem, der das Potential hätte, einen nuklearen Rüstungswettlauf zu initiieren, das Gegenteil von “mehr Frieden”.
Für den steht tatsächlich Benjamin Netanjahu, stehen “Benjamin Netanjahu & Co.”, nicht aber Teheran einer- und mindestens vier der fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat sowie Deutschland und die Badische Zeitung andererseits.
tw24

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