Monday, February 20, 2006

Welle der Empörung über "Tal der Wölfe"

Das Plakat zum türkischen Film "Tal der Wölfe" im Schaufenster des Alhambra Kinos in Berlin-Wedding
Foto: dpa

Während deutsche Politiker den türkischen Irak-Krieg-Film gern aus dem Verkehr ziehen würden, verteidigt die Türkische Gemeinde den Streifen als „Actionfilm à la Hollywood“.
Berlin - Die Welle der Empörung über den türkischen Irak-Krieg-Film „Tal der Wölfe“ ebbt nicht ab. Die Bundesregierung war am Montag erkennbar bemüht, die Aufregung zu dämpfen. Die Türkische Gemeinde zu Berlin verteidigte den Actionstreifen als türkische Variante des „American Way of Life“: „Er ist genau die Kultur, die uns der Westen seit 50 Jahren predigt.“ Regierungssprecher Ulrich Wilhelm äußerte sich nicht über den Inhalt des Films, den er nicht kenne. Aber mit der Resonanz auf einen solchen Film sollten sich alle auseinander setzen, sagte er. Es sei auch ein Anliegen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, daß der Dialog der Kulturen stärker geführt wird, als in der Vergangenheit. Dagegen hatte der nordrhein-westfälische Jugendminister Armin Laschet (CDU) den Streifen als „jugendgefährdend“ und „sozial desorientierend“ bezeichnet. Der Film könne dazu beitragen, den Dialog der Kulturen zu zerstören und den Konflikt zwischen den Religionen zu schüren. Bei der zuständigen Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) beantragte er, den Film statt ab 16 erst ab 18 Jahren freizugeben.
„Tal der Wölfe“ zeichne sich durch einen latenten und unverhohlenen Antisemitismus aus, sagte der CDU-Politiker weiter. Die Ablehnung jeglicher Form von Antisemitismus sei aber ein Grundkonsens der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Am Sonntag hatte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber von einem „rassistischen Haß-Film“ gesprochen und dessen Absetzung gefordert.
Der Unionsabgeordnete Wolfgang Börnsen erklärte: „Filme, die Haß säen, bei Heranwachsenden zur Rache aufrufen, gegen Glaubensgemeinschaften undifferenziert Front machen, die Werte anderer Kulturen herabsetzen und blanke Gewalt predigen, haben im Kino nichts verloren.“ Unverständnis äußerte er darüber, daß die FSK die Heraufsetzung des Mindestalters auf 18 Jahre verweigere und daß dem Appell des Zentralrats der Juden in Deutschland gegen diesen Film nicht gefolgt worden sei. Es wäre auch verantwortlicher gewesen, den Film angesichts der derzeitigen religiösen Zuspitzungen auf Eis zu legen, bis das Klima eine „wirklich kritische Auseinandersetzung“ erlaube. Türkische Gemeinde: „Actionfilm à la Hollywood“ Die Türkische Gemeinde zu Berlin warf Stoiber „feige und verlogene Politik“ vor. Seine Forderung nach Absetzung des Films sei wahltaktisch begründet. Der CSU-Chef sei nie gegen westliche Machwerke vorgegangen, in denen Russen, Türken oder Asiaten verunglimpft worden seien, erklärte die Gemeinde. Niemand behaupte, daß der umstrittene Film annähernd authentisch sei. Es handele sich nicht um einen Dokumentarfilm, sondern um einen „Actionfilm à la Hollywood“.
Kritiker werfen dem Actionfilm, in dem ein türkischer Geheimdienstheld im Irak gegen die Amerikaner kämpft, eine extrem einseitige und antiwestliche Darstellung des Irak-Kriegs vor. Die Kritik an dem Film entzündet sich vor allem daran, daß Christen und Juden als Feindbild der islamischen Welt dargestellt würden. Türkische Kritiker wiederum bewerten diese Einstufung als zu pauschal. Der Film sei keineswegs anti-westlich, allerdings anti-amerikanisch. Letzteres habe mit der Behandlung der Türkei durch die USA nach der Verweigerungshaltung Ankaras zu tun, im Irak-Krieg als Aufmarschgebiet für eine Nordfront zur Verfügung zu stehen. Der Vorwurf des Antisemitismus wurde als haltlos zurückgewiesen.


WELT.de/AP

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