Eben deshalb, wegen seiner politischen Symbolik und nicht wegen seines
religiösen Bekenntnisaspekts, hätte das Tragen des Kopftuchs im
öffentlichen Dienst untersagt werden müssen. Damit wäre nicht
unterstellt, dass jede einzelne Trägerin eines islamischen Kopftuchs
sich einer antidemokratischen Haltung verbunden fühlt. Aber wenn und
solange das Kopftuch als ein politisches Symbol in diesem Sinne
verstanden werden kann, hätte das Gebot der politischen Mäßigung für
Beamte der Grund für entsprechende Verbote sein können. Das hätte auch
die Möglichkeit eröffnet, diese Verbote wieder aufzugeben, wenn
antifreiheitliche Strömungen im Islam an politischer Relevanz verlieren
sollten. Allerdings hätte man dafür eine offensive Debatte um diese
Strömungen auch in europäischen Einwanderermilieus führen müssen.
Aber für einen solchen Weg fehlte den Ländern offenbar der Mut oder
die juristische Phantasie. Dabei gibt es auch andere Fälle, in denen
politisch konnotierte Kleidungen nicht getragen werden dürfen. Dies gilt
beispielsweise für bestimmte Marken, die allein deswegen für Beamte und
sogar für Schüler untersagt werden können, weil sie in rechtsextremen
Milieus populär sind. Stattdessen wurde im Fall des Kopftuchs das
Argument der religiösen Neutralität des Staates bemüht, ein Weg, der nun
gescheitert ist.
Auf der
anderen Seite hat das Bundesverfassungsgericht dieses Argument der
religiösen Neutralität nun in einer Weise aufgegriffen, die fatale
Folgen für schulische Bildung haben kann. In der öffentlichen Debatte
noch kaum beachtet, hat das Gericht beinahe en passant eine auf
Bildungsinhalte beziehbare Festlegung des nordrhein-westfälischen
Schulgesetzes für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt. In
Paragraph 57 Absatz 4 dieses Gesetzes wird klargestellt, dass die
„Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte
oder Traditionen“ nicht dem Neutralitätsgebot der Schule widerspricht.
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