von Gerrit Liskow
Wer George Galloway von der RESPECT-„Partei“ kennt, erwartet von diesem Abgeordneten-Darsteller, der auf keiner „Israel kritischen“ Demo fehlen darf und gerne auch mal für die Hamas mit der Spendendose klappert, nicht unbedingt, dass er ein Talent zum Komiker hat, und sei es auch nur zum Komiker wider Willen. Aber wie sich gestern Nachmittag auf Twitter zeigte, ist George Galloway vielleicht für nicht sehr viel, zumindest aber für eine lustige Überraschung gut.
Er wurde auf Twitter nämlich gefragt, ob es ihn „noch gibt“. Auf diese für seinen Geschmack vielleicht etwas zu salopp formulierte Frage („you still a thing?“) reagierte der Kandidat für Bradford West aggressiv bis gereizt und fragte gleich zweimal zurück, was denn damit gemeint wäre – vor allem aber: „Ob Sie als genehmigungspflichtiger Geschäftsbetrieb so eine Frage an mich richten sollten?“
Ich weiß nicht, ob Georgie damit wirklich gleich das ganz große Fass aufmachen wollte, aber es ist ihm auf jeden Fall gelungen. Denn seit wann darf man seinen lokalen Volksvertretern in spe keine salopp formulierten Fragen bezüglich ihrer Kandidatur stellen – vor allem, wenn man eine gut laufende Gasthausbrauerei im Stadtzentrum einer nordenglischen Großstadt betreibt?
Ich weiß ebenfalls nicht, wie es legal möglich wäre, dass ein Parlamentsabgeordneter einen Geschäftsbetrieb in seinem Wahlkreis einfach so mir nichts dir nichts dicht machen lässt. Aber irgendwer oder irgendwas scheint Mr Galloway zu der Annahme verleitet zu haben, dass es möglich wäre. Interessant!
Jedenfalls eskalierte der Threat auf Twitter und lief im Handumdrehen heiß. Zunächst einmal wurde Mr Galloway darauf aufmerksam gemacht, dass er sich seit der Auflösung des Unterhauses (Montag, 30. März, also zu Beginn der Schlussphase des Wahlkampfes), nicht mehr Member of Parliament, sondern nur schlicht und ergreifend Kandidat zu nennen hat; genau wie alle anderen Kandidaten auch.
Das quittierte der Kandidat beleidigt, mit der mehr oder weniger unverhohlene Drohung gegen die Bradford Brewery: „Dann sprechen wir uns eben nach der Wahl. Sie haben sich sehr unklug verhalten.“ Wie kann Mr Galloway sich so sicher sein, dass er wiedergewählt wird?
Und sieht denn PESPECT-able Wirtschaftspolitik wirklich so aus, dass man alles dicht machen lässt, was einem seit seiner Konversion zum Abstinenzler in einem Tagungshotel im Londoner Stadtteil Kilburn nicht mehr in den Kram passt, Herr Kandidat?
Es ist auch nicht gerade so, dass es den Menschen in Bradford derartig gut geht, dass sie sich vor Geld kaum retten können und die Stadt bald wegen Reichtums geschlossen werden müsste. Da sollte man über einen Geschäftsbetrieb, der ein paar Leute in Lohn und Brot bringt, eigentlich dankbar sein?
Anscheinend nicht, wenn man George Galloway heißt. Der versprach der Bradford Brewery im weiteren Verlauf der Schlammschlacht auf Twitter, seine Drohungen seien keine Drohungen, sondern vielmehr „ein Versprechen“ – ein Wahlversprechen vielleicht?
Immerhin, so der Kandidat weiter, gäbe es auch schon „viele Beschwerden aus der Nachbarschaft“ wegen der Gasthausbrauerei. Um welche Nachbarn es sich angesichts einer Lage in der Innenstadt handeln könnte, ist zwar nicht auf den ersten Blick ersichtlich, Mr Galloway machte es aber dennoch unmissverständlich deutlich, dass er diese „Beschwerden“ in Stellung bringen werde - „mit geeigneten Maßnahmen“, wie er selbst sich auszudrücken beliebte.
Spätestens hier fragt man sich dann, ob George Galloways Twitter vielleicht gehackt wurde oder ob er einfach nur sein Smartphone im Bus vergessen hat, aber es ist wirklich wahr: Auf dieses Niveau hat sich jener Kandidat aus Bradford West begeben, der in den letzten fünf Jahren den Wahlkreis repräsentierte.
Georgie Porgie, Puddin' and Pie / Kissed the girls and made them cry / When the boys came out to play / Georgie Porgie ran away.
Doch halt: Es wird noch besser! Auf die inneren Widersprüche seines Kulturkampfs gegen die Bradford Brewery angesprochen, beschimpfte Mr Galloway alle Twitter-Nutzer, die nicht seiner Meinung waren, als „boozer“ (Trinker / Säufer) bzw. „a Bradford boozer“; das ist auch nicht gerade die feine nordenglische Art.
Als er sich damit auf Twitter auch wieder nicht durchsetzen konnte, mutierte Georgie-Porgie zur Petze und verfolgenden Unschuld: Er entblödete sich schließlich sogar, die Polizei auf die Sache anzusetzen.
Eine Sache, die sich im Wesentlichen in Mr Galloways Hirn abgespielt haben muss, vermutlich irgendwas mit verletzter Ehre zu tun hat und sich seiner Meinung nach nur dadurch aus der Welt schaffen lässt, dass die Bradford Brewery geschlossen wird - weil sie Majestäts Galloway-Beleidigung betrieben hat?
In diesem Moment explodierte die Diskussion auf Twitter. Team George Galloway trommelte die Seinen zusammen und hielt den Ratsherrn Shabir H. über jeden Pups auf dem laufenden, während Louise Mensch in ihrer Funktion als Expertin für Cyber-Mobbing der Bradford Brewery nahelegte, wegen der gegen sie ausgestoßenen Drohungen eine Anzeige gegen den Kandidaten der RESPECT "Partei" zu erstatten.
Es ist bislang nicht bekannt, ob die West Yorkshire Police ein Verfahren wegen Verschwendung ihrer Dienstzeit gegen Mr Galloway (oder sonst jemanden) in die Wege leitet.
Aber wenn die Reaktionen auf Twitter irgendein Maß dafür sein können, ist es seit gestern Nachmittag um einiges unwahrscheinlicher geworden, dass Mr Galloway sein Unterhausmandat bei den Wahlen im Mai mit einem Stimmenanteil von, sagen wir mal, 130,9% gewinnt.
Auch stehen die Chancen auf ein halbwegs plausibles Wahlergebnis in Bradford West angeblich viel besser, seit aus dem Wählerregister all jene 20.000 Karteileichen entfernt wurden, die beim letzten Mal ins Briefwahlergebnis eingeflossen sein sollen – heißt es aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen.
haolam
/ http://www.buzzfeed.com/jimwaterson/somethings-brewing-in-bradford
No comments:
Post a Comment