Tuesday, January 05, 2016

#Aufschrei 0.0 – Wenn die feministische Empörung ausbleibt

Es ist ziemlich genau drei Jahre her, dass uns im Januar 2013 Rainer Brüderle und ein altherrendämlicher Anmachversuch in einer Hotelbar eine Sexismus-Debatte in Deutschland bescherte, angeheizt durch den sogenannten #aufschrei bei Twitter. Da waren wir also, wir Damen. Opfer der FDP, Opfer der Männer, Opfer von Verbalattacken, von falschen Blicken, falschen Worten. Alles mächtig schlimm, denn es war klar: Frauen sind ständig dem unkontrollierbaren Potenzgebaren und den patriarchalen Unterdrückungsphantasien heterosexueller weißer Männer ausgesetzt.
Nun sind wir zwei Jahre weiter. In der Neujahrsnacht haben sich Szenen auf der Kölner Domplatte und vor dem Hauptbahnhof abgespielt, die ich als blanken Horror bezeichnen würde. Bislang haben über 30 Frauen Anzeige erstattet, selbst die Polizei vermutet noch eine große Dunkelziffer von Opfern, die sich bisher nicht bei der Polizei gemeldet haben. Eine Gruppe von geschätzt 40 bis 100 Männern haben systematisch junge Frauen eingekreist, sie betatscht, ihnen in den Schritt, an die Brüste, unter den Rock gegriffen. Sie als Huren beschimpft, sie ausgelacht und teilweise auch noch ausgeraubt. Laut Presseberichten ist einer jungen Frau Strumpfhose und Slip heruntergerissen worden, eine andere berichtet, sie habe die fremden Hände in „allen Körperöffnungen“ gespürt. Gleiche Szenen scheinen sich auch ganz in der Nähe vor dem Alten Wartesaal in Köln ereignet zu haben. Auch vom Stuttgarter Bahnhof wird aus der Silvesternacht ähnliches berichtet, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie in Köln.
Und während man spontan vermutet, in einem Land, in dem jedes falsche Wort und jeder vermeintlich falsche Blick zu einem feministischen #aufschrei führt, weil Mann sich angeblich falsch benommen hat, bleibt das feministische Netz angesichts dieser unglaublichen Vorgänge in Köln stumm. Aufschrei 2016? Eher Aufschrei 0.0 – kein Aufschrei, nirgends.
Der Grund ist einfach: Es waren wohl die falschen Täter. Laut Augenzeugenberichten und Zeugenaussagen der betroffenen Opfer, waren es nämlich arabisch aussehende Männer, die Polizei selbst sprach von nordafrikanisch aussehenden Männern. Wer auch immer sie waren, die Polizei hat inzwischen eine Ermittlungsgruppe zusammengestellt, die die Vorfälle untersucht. Eines ist klar: Es waren offenbar Männer mit Migrationshintergrund. Und wohl deswegen bleibt das feministische Netz stumm. Eine kurze Durchsicht bei Twitter, Emma Magazin, Missy Magazin, sonst Garanten akuter Empörungsreflexe, zeigt: Kein Reaktion.
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