Sunday, January 24, 2016

Die Kompromißlose

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat sich in ihrer jüngsten Videobotschaft für eine, wie sie sagte, »kompromißlosen« Bekämpfung des Antisemitismus eingesetzt. In einem Gespräch mit dem Medienwissenschaftler Oren Osterer beklagte die Christdemokratin in wohl wirklich freier Rede, »dass leider der Antisemitismus mehr verbreitet ist, als wir uns das natürlich vorstellen«.
Antisemitismus, ein »Zustand, den wir leider zu oft in unserer Gesellschaft haben«, verletze »grundlegende Werte unserer [sic!] Grundgesetzes – nämlich die Würde des Menschen, die unantastbar ist, dass man keine Unterschiede zwischen Religionen und dem Herkommen macht«. Es müsse, betonte Angela Merkel, daher »klar sein: Das hat keinen Platz in unserer Gesellschaft.«
Und das gelte nicht nur bei Facebook, sondern »gerade auch« gegenüber »Jugendlichen, die einen familiären Hintergrund aus Ländern haben, in denen der Hass auf Israel und der Hass auf Juden insgesamt verbreitet« seien. Es gelte, Jugendliche zu unterstützen, »die nicht so denken«. »Also«, faßt die deutsche Politikerin zusammen, »also, hier haben wir eine große Aufgabe vor uns.«
Wer wollte da, wer könnte Angela Merkel da widersprechen? Leider allerdings ist sie nur wenig glaubwürdig. Der Kanzlerin Kampf gegen Antisemitismus ist tatsächlich kaum mehr als ein Ritual. Alle Jahre wieder im Januar – wenn sich die Ankunft der Sowjetarmee in Auschwitz jährt – entdeckt sie den Haß auf Juden; und dann, vielleicht, noch einmal nach antisemitischen Riots.
Mal fordert sie »die Zivilcourage aller Menschen im Lande, dass sie Antisemitismus nicht dulden«, mal verlangt sie, »wir [..] müssen jedem Hinweis auf Antisemitismus entschieden nachgehen«. Was sie dann – ebenfalls alle Jahre wieder – höchstpersönlich wohl in Bayreuth macht, wenn sie sich an dem menschen- und zivilisationsfeindlichen Lärm ergötzt, den Richard Wagner hinterlassen hat.
Oder wenn sie ihren Vizekanzler in die Hauptstadt eines Regimes schickt, das die Vernichtung Israels zum Staatsziel erklärt hat, um dort die Anbahnung bilateraler Geschäfte zu betreiben. Oder wenn ihr Deutschland einer UNRWA Millionen überweist, deren Personal mit dafür sorgt, daß es Länder gibt, »in denen der Hass auf Israel und der Hass auf Juden insgesamt verbreitet« werden.
In der Tat, Angela Merkel ist ein gewisses Problembewußtsein nicht abzusprechen. Mehr aber auch nicht. Sie könnte da oder dort durchaus versuchen, gegen Antisemitismus in einer seiner vielfältigen Erscheinungsformen vorzugehen. Doch erweckt sie leider erfolgreich den Eindruck, ihre schönen Worte in dem Augenblick wieder zu vergessen, in dem sie sie sagt. »Kompromißlos« geht anders.
 tw24

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