Angesichts der weiter hohen Flüchtlingszahlen in Deutschland fordern
Politiker der regierenden Unionsparteien einen kompletten Aufnahmestopp
und eine Schließung der Grenze zu Österreich. "Angesichts von rund
300.000 Flüchtlingen allein im September braucht Deutschland dringend
einen Aufnahmestopp", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der
"Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Es brauche eine "Kursänderung", betonte der bayerische Politiker.
"Schon in den nächsten Tagen kann eine Situation entstehen, in der
Bayern die Grenzen seiner Möglichkeiten erreicht, weil die anderen
Bundesländer es nicht mehr schaffen, Flüchtlinge aufzunehmen", sagte
Scheuer. Er forderte zudem, über "eine Obergrenze für die Aufnahme von
Asylbewerbern" zu reden.
Der CDU-Innenpolitiker Clemens Binninger hält es nach eigenen Angaben
ebenfalls für nötig, "wirksame Kontrollen an den deutschen Außengrenzen
durchzuführen und auch Asylbewerber zurückzuweisen".
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer drängte die
Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik zum Handeln. "Wir haben die
Kapazitätsgrenze erreicht, mehr geht nicht mehr", sagte der
CSU-Vorsitzende am Samstagabend in einem Interview des Bayerischen
Fernsehens. Wenn es nicht gelinge, die Zuwanderung zu begrenzen, dann
drohe vor dem Winter ein "Kollaps mit Ansage".
Nach Angaben der bayerischen Landesregierung vom Mittwoch reisten
seit Anfang September zwischen 270.000 und 280.000 Flüchtlinge nach
Deutschland ein. Das wären mehr als im gesamten Jahr 2014 Asylanträge in
Deutschland gestellt wurden.
Deutschland hatte am 13. September wegen der hohen Flüchtlingszahlen
vorübergehend wieder Kontrollen an den Außengrenzen - insbesondere zu
Österreich - eingeführt. Diese sind im sogenannten Schengen-Raum
eigentlich abgeschafft. Ziel der Kontrollen ist es nach
Regierungsangaben, bereits beim Grenzübertritt die Identität der
Flüchtlinge festzustellen und so für "geordnete" Verfahren zu sorgen.
Für Flüchtlinge geschlossen sind die Grenzen damit nicht. Einige
Politiker bezeichneten die Grenzkontrollen bereits als wirkungslos.
EU-Kommissar Günther Oettinger erwartet noch für heuer eine
Harmonisierung des Aslyrechts in der EU. "Ich hoffe, dass wir schon vor
Jahresende zu einer Grundsatzentscheidung der EU-Staaten über die
weitere Vergemeinschaftung des Asylrechts kommen", sagte Oettinger der
"Rheinischen Post" (Samstag).
Er unterstütze die Forderung des deutschen Finanzministers Wolfgang
Schäuble nach einem einheitlichen Asylrecht aller EU-Staaten "voll und
ganz", sagte der deutsche Christdemokrat. Schäuble hatte zuvor rasche
Fortschritte bei der Schaffung eines europäischen Asylrechts und einer
gemeinsamen Asylpolitik gefordert. Zudem müsse der Zugang nach Europa
kontrolliert werden.
Oettinger sagte, auch künftig müsse überall in der Europäischen Union
gelten, "dass Menschen, die in der Heimat verfolgt werden, ein
individuelles Asylrecht haben. Dieses materielle Asylrecht können und
wollen wir nicht absenken", so Oettinger. Der deutsche EU-Kommissar ist
innerhalb der Behörde für das Thema Digitalwirtschaft zuständig.
Die EU-Kommission lehnte indes die Einrichtung von Transitzonen für
Flüchtlinge an der deutschen Grenze einem Medienbericht zufolge ab. Nach
Ansicht der Kommission ließen der Schengen-Vertrag und die
Asylverfahrensrichtlinie, die Deutschland noch umsetzen muss, ein
solches Verfahren nur auf Flughäfen und an den Außengrenzen des
Schengen-Raums zu, meldet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".
An den Binnengrenzen dürften demnach allenfalls vorübergehend für
einige Wochen Transitzonen mit Absperrungen geschaffen werden; dies
könne jedoch keine dauerhafte Lösung sein. Nach Informationen der
Zeitung teilte die Kommission ihre Rechtsauffassung der deutschen
Bundesregierung Ende der Woche mit. Bereits am Mittwoch habe
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit Bundeskanzlerin Angela
Merkel und Bundeskanzler Werner Faymann über die Angelegenheit in einer
Telefonkonferenz gesprochen, heißt es in dem Bericht.
Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere will die rechtliche
Möglichkeit schaffen, Flüchtlinge künftig vor der Entscheidung über die
Einreise nach Deutschland bis zu einer Woche in Transitzonen an den
Landesgrenzen festzuhalten. Das sieht ein Referentenentwurf aus dem
Innenressort vor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In diesem
Zeitraum soll geprüft werden, ob die Betroffenen Anspruch auf Asyl
haben. Ist dies nicht der Fall, wird die Einreise verweigert.
suedtirolnews
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