Sunday, October 25, 2015

Der US-Historiker Timothy Snyder über den Zusammenhang von Ökologie und Holocaust

Die Welt: Was an Ihrem Buch wohl am meisten irritiert, ist die These, der Holocaust habe ein ökologisches Krisenbewusstsein zur Voraussetzung gehabt. Und dass Sie eine mögliche Wiederholung des Holocausts mit heutigen ökologischen Problemen wie den Klimawandel in Verbindung bringen.
Snyder: Nun ja, das irritiert nicht zuletzt, weil Ökologie in Deutschland einen gänzlich positiven Klang hat. Aber "ökologisch" ist bei mir ein neutraler Begriff, der die natürliche Welt als eine biologische Einheit beschreibt.
Wenn ich sage, dass Hitler in ökologischer Begrifflichkeit argumentierte, meine ich damit, dass sich sein Denken primär um die natürliche statt um die menschliche Welt drehte. In seiner Weltsicht gab es keinen Unterschied zwischen Menschen und Tieren.
Dass wir denken, wir seien anders als Tiere, galt ihm als Folge eines jüdischen Betrugs. Juden passten für ihn nicht in die Ökosphäre und müssten daher aus ihr entfernt werden. Was er damit implizierte, ist die Negation von Politik und Wissenschaft als Mittel, um die Beziehung zwischen uns und unserem Planeten verändern zu können.

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