Sunday, June 30, 2013

Wieder ein Toter bei Protesten in Ägypten

Im Laufe des Sonntags sind Tausende Gegner der islamistischen Regierung aus der Provinz zu den geplanten Massenprotesten gegen die Muslimbruderschaft nach Kairo gereist. Allein in Kairo waren Hunderttausende auf den Strassen und forderten dessen Rücktritt. Massendemonstrationen fanden auch in Alexandria, im Nildelta und in weiteren Städten des Landes statt. Sicherheitskräften zufolge kam es in der Provinz Beni Sueif südlich von Kairo zu den gewaltsamen Auseinandersetzungen. Mindestens ein Mensch wurde bei Zusammenstössen zwischen Gegnern und Anhängern des ägyptischen Staatschefs Mohammed Mursi getötet, rund 40 weitere wurden verletzt. Viele Menschen gingen aus Angst vor gewalttätigen Ausschreitungen nicht zur Arbeit. Tausende von Ausländern hatten Kairo schon am Samstag verlassen. In den vergangenen Tagen gab es bereits gewaltsame Zusammenstösse, dabei starben mehrere Menschen. Die Grossdemonstrationen markieren den Abschluss der Anfang Mai gestarteten Kampagne «Tamarod» (Rebellion), bei der die Initianten nach eigenen Angaben über 22 Millionen Unterschriften von Bürgern gegen Mursi gesammelt haben. Ziel war es, mehr Unterschriften zu bekommen, als der Islamist Wählerstimmen erhalten hatte. Bei der Wahl vor einem Jahr hatte sich Mursi mit 13,2 Millionen Stimmen knapp durchgesetzt. Die Opposition wirft Mursi vor, nicht wie versprochen der Präsident aller Ägypter zu sein, sondern vor allem die Macht der Muslimbruderschaft auszubauen. Die massiven wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes gehe er hingegen nicht an. Deshalb habe er seine Legitimität verloren und müsse abtreten. Die Muslimbruderschaft lehnt einen Rücktritt Mursis ab. Der Friedensnobelpreisträger und ehemalige Präsidentschaftskandidat Mohammed El Baradei warnte vor einem Auseinanderbrechen des Landes. In einer Videobotschaft forderte er Neuwahlen und betonte mit Blick auf Mursi: «Wir haben ihm einen Führerschein gegeben, aber er kann nicht Auto fahren.» Ein führender muslimischer Geistlicher warnte beide Seiten vor einem Bürgerkrieg. «Gewalt, Mord, Brandstiftung und Blutvergiessen sind verdammenswert», sagte das Oberhaupt des einflussreichen Al-Azhar-Islam-Instituts, Scheich Ahmed al-Tajjib.
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