Auf der jüngsten Sitzung des Gemeinderates in Bad Schlema ging es
bereits kurz nach dem Start wild durcheinander. Etwa 100 Besucher
machten mit Buh-Rufen und Pfiffen ihrem Ärger über die Asylpolitik in
Deutschland und der Gemeinde Luft. Bürgermeister Müller reagierte zornig
und verbat sich die ständigen Zwischenrufe: "Das ist keine
Einwohnerversammlung, sondern eine Gemeinderatssitzung."
Die Stimmung war bereits im Vorfeld der Veranstaltung aufgeheizt.
NPD-Gemeinderat Stefan Hartung hatte für 17.30 Uhr zu einer Kundgebung
vor das Rathaus geladen. Rund 100 Demonstranten folgten dem Ruf und
protestierten mit "Merkel muss weg"-Schild gegen die "von oben
angeordnete" Unterbringung von Flüchtlingen. Es gehe um Bad Schlema und
seine Führung, sagte Hartung und forderte, den Kurort zu einem "stolzen
Protestort" für Gäste zu machen, die ihren Urlaub "nicht in Islamabad"
verbringen wollten.
Viele der Teilnehmer strömten im Anschluss mit ihren Fragen ins
Rathaus. Doch um diese stellen zu können, mussten sie sich gedulden.
Müller berichtete erst von aktuellen Projekten, dann waren die Räte an
der Reihe. Das sorgte für Frust.
Für die Besucher stand vor allem eine Frage im Raum: Wie weiter mit den
Flüchtlingen? Einige äußerten Ängste, etwa dass bald die Kriminalität
steigen könnte. Andere forderten Gegenwehr. Eine Frau sagte: "Ich bin
nicht rechtsradikal, aber die Flüchtlinge sind besser gekleidet als
Deutsche." Ein Mann fragte, ob Müller glaubt, dass die Bundesregierung
auf Grundlage des Grundgesetzes handelt. "Keine Antwort", erwiderte der
Bürgermeister. "Ich sage zur Meinungsbildung nichts." Daraufhin stimmten
Besucher den Gesang "Du kannst nach Hause gehen" an. Lautstarke
Proteste gab es, als Müller auf die Frage eines Mannes, dessen Enkelin
auf dem Schulweg im Kurort von Flüchtlingen angepöbelt worden sein soll,
antwortete: Die Kinder könnten auch einen anderen Weg abseits der
Turnhalle nutzen.
freiepresse
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