Thursday, May 23, 2013

Deutsche Journaille über `Soldatenmord´:Das Opfer war der Täter

von Gerrit Liskow
Nach dem bestialischen Terrorangriff auf einen Zivilisten in London bemühen sich deutsche Medien, allen voran „Spiegel online“, Tat und Motiv zu relativieren und zu verschleiern, wer das wirkliche Opfer des Mordanschlags von gestern ist.
Stellvertretend für die mit dem Terrorismus kokettierende Sichtweise der deutschen Journaille tut Carsten Volkery in seinem von den Online-Portalen der „Web.de“-Gruppe übernommenem Bericht auf „Spiegel online“ alles dafür, aus dem Opfer ein „legitimes“ Anschlagsziel für fundamentalistischen Terror zu machen – immerhin habe es sich doch um einen „Soldaten“ gehandelt!
Denn haben Soldaten es etwa anders verdient, als auf offener Straße abgeschlachtet zu werden? So denken sich das vielleicht nicht nur Herr Volkery und der „Spiegel“, sondern vor allem deren Leser. Abgeschlachtet werden ist doch Teil des ganz normalen Berufsrisikos eines Soldaten – oder etwa nicht? Hätten sie halt Nachhaltigkeitsberater werden sollen! So denkt man sich das vermutlich beim „Spiegel“.
Was man beim „Spiegel“ offensichtlich nicht kennt, und wohl auch nicht kennen möchte, ist die Haager Konvention (bestätigt in diversen UN Resolutionen) wonach ein Soldat unzweideutig als Soldat zu erkennen sein muss - hauptsächlich durch Uniform und Dienstabzeichen. Sonst handelt es sich nämlich nicht um einen Soldaten, sondern entweder um einen Deserteur, oder einen zivilen Kombattanten, oder ganz schlicht und ergreifend um einen Zivilisten.
Insbesondere in seiner Freizeit und als Zivilist hat ein Soldat nämlich das Recht, genauso ein Mensch zu sein, wie alle anderen Menschen auch. Genau wie alle Maurer, Schlosser und Spiegel-Redakteure, die den Alltag bevölkern. Dieses Recht liegt vermutlich außerhalb der intellektuellen Fähigkeiten und "politischen" Interessen von „Spiegel online“, entspricht aber dennoch der Realität.
Und tatsächlich war das Opfer in seiner Freizeit und in Zivilkleidung unterwegs – mit Jeans und T-Shirt. Ziviler geht´s nicht! Was ihn daran als Soldaten ausweist, ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, und auf den zweiten erst recht nicht. Aber für den „Spiegel“ ist es wichtig, ihn als Soldaten zu identifizieren.
Es wäre angebracht gewesen, von einem Zivilisten zu schreiben, und den bürgerlichen Beruf einfach wegzulassen. Immerhin ist das eine gängige journalistische Praxis. Aber das hätte das Sinnlose und Abscheuliche dieses Mordes auf offener Straße erst richtig offensichtlich gemacht. Und genau das will "Spiegel online" sicherlich vermeiden - es trifft "nur" Soldaten. Na dann ist ja alles gut!
Freiwillig-unfreiwillig, in der Sache selbst aber konsequent, wird somit aus dem Opfer ein Täter. So will es nicht die Wirklichkeit, aber die Überschrift, die dummdreist von einem „Soldatenmord“ faselt, wo es in Wirklichkeit um den Mord an einem Soldaten ging.
Herr Volkery und „Spiegel online “ haben eine Überschrift gewählt, die in schönster Zweideutigkeit die Frage offen lässt, wer Täter und wer Opfer ist. Die Liebe zum Terrorismus macht blind, und die erste Unterscheidung, die ihretwegen schon rein sprachlich kapeister geht, ist diese nicht ganz unwesentliche Unterscheidung.
Doch damit nicht genug. Denn was die wirklichen „Opfer“ angeht, weiß „Spiegel online“ zu berichten, dass jetzt alle „Muslime bedroht“ wären – deutsche Journaille vom Feinsten! War da vielleicht mal wieder der Wunsch der Vater des Gedankens?
Dann wäre da noch die Kleinigkeit mit den Schüssen auf die beiden Täter. Auf „Spiegel online“ liest sich das Ganze so, als hätte sich einer der Täter ganz lieb und brav dem Einsatzfahrzeug der Polizei genähert – und wurde dafür auch sogleich erschossen! Augenzeugen berichten indes, dass einer der Täter aus einer Tüte oder Tasche eine Pistole zog und damit auf die Polizisten zielte – woraufhin eine Scharfschützin ihn kampfunfähig machte, genau wie den zweiten Täter auch.
Dass beide Täter leben und somit für weitere Ermittlungen zur Verfügung stehen, entging Herrn Volkery ebenso wie der Umstand, dass 20 Minuten bis zum Eintreffen der Polizei auch in Groß Britannien nicht gerade „kurz“ ist (wie er schreibt) sondern eher schon ziemlich lang.
Den Rest an diesem symptomatischen Fiasko besorgen schlampige Recherchen und sprachliche Relativierungsversuche, die von einem „Angriff“ und „Überfall“ sprechen und sich solange es eben noch geht mit ideologisch einschlägig bekannten Terror-Relativierungen um die offensichtliche Wahrheit herumdrücken um sich und dem lesenden Publikum nicht klar machen zu müssen, was das war: einem Menschen wurde auf offener Straße am helllichten Tag der Kopf abgeschnitten.
Was man im „Spiegel“ und seinem Milieu vielleicht nicht grade appetitlich, aber doch „irgendwie“ verständlich findet.
haolam

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