Friday, October 16, 2015

Angela Merkel – ratlos

Zuerst ist es wie immer gewesen auf Angela Merkels Gipfel-Pressekonferenz. Nüchtern beschrieb sie kurz nach Mitternacht am Freitagmorgen dessen Ausgang. Die Kanzlerin sah „eine Reihe von Fortschritten“, weil am Abend „die Umrisse einer Kooperation mit der Türkei sichtbar“ geworden seien. Brüssel und Ankara haben sich im Grundsatz auf einen Aktionsplan verständigt, Details und Zeitpläne müssen noch ausgearbeitet werden: Die EU wird bis zu drei Milliarden Euro geben und die Beitrittsgespräche beleben. Im Gegenzug hält die türkische Seite Flüchtlinge von der Weiterreise nach Westen ab – durch bessere Lebensbedingungen in den Lagern, aber auch über mehr Patrouillen entlang der Küste. „Wir befinden uns in der Mitte eines Arbeitsprozesses“, sagte Merkel in typischer Merkel-Manier: „Es ist noch viel zu tun, aber es ist auch nicht so, dass wir nichts erreicht hätten.“
Ungewöhnlich war ihr jüngster Auftritt vor dem Brüsseler Pressekorps aber dann doch. Das lag zum einen daran, dass Angela Merkel vielen Journalisten unabhängig voneinander zerfahren und unkonzentriert vorkam. Vor allem aber erlebten sie eine Kanzlerin, die – vielleicht zum ersten Mal überhaupt – der Öffentlichkeit erzählte, dass sie ratlos ist. „Aus bestimmten Gründen, die ich noch nicht ganz genau verstehe“, so Merkel, lehnten die osteuropäischen Staaten noch immer eine gerechtere Lastenverteilung ab: „Ich weiß letztlich nicht, warum sie so harsch in der Flüchtlingsfrage reagieren.“ Als Physikerin, die sie ist, kündigte sie deshalb an, sich nun noch eingehender mit dieser Frage „befassen“ zu wollen.
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