Thursday, December 03, 2015

Der Suppenkasper

Wollen wir gar nicht lange hinterfragen, ob das inszeniert ist: Ein syrischer Flüchtling kocht Obdachlosen in Berlin warmes Essen und bezahlt die Zutaten von seinen monatlich 350 Euro Asylgeld. Ein ZDF TV Team ist rasch zur Stelle und berichtet darüber, und 12.000 Facebookmitglieder liken es. Mission erfüllt.
Gut, es ist die dunkle Jahreszeit, verlorene Geldbörsen sind nicht mehr so leicht zu finden, ebenso wenig die Fundbüros, und laufende Kameras und Lokalreporter haben ja auch noch anderes zu tun. Da kommt ein Suppenkoch gerade recht, um mal wieder eine Anekdote unter die Leute zu bringen. Anekdoten, wir erinnern uns: auf diesen launigen Geschichten basiert das Weltbild all derer, die es mit relevanten Fakten nicht so haben. Ihnen helfen Zuckerkügelchen gegen Beschwerden wie Schlaflosig- und Dauermüdigkeit , gegen Zähneknirschen sowie gegen Angst den Verstand zu verlieren (ich empfehle hier Calcium carbonicum oder ein 16t Gewicht aus zwei Meter Höhe).
Der Syrer ist vielleicht tatsächlich keine Sockenpuppe, sondern ein netter, mitfühlender Mensch, und dafür gebührt ihm Anerkennung. Nicht endenwollend begeistert ist das ZDF, das die zunächst als Tweet verbreitete Geschichte in bewegte, bewegende Bilder umsetzt und am Ende des Berichts mit einer Hammerpointe aufwartet: ein weiterer Migrant habe bereits Mithilfe angeboten! Wenn einem soviel Gutes wiederfährt, dann ist das einen Teller Brühe wert. Während die Kanzlerin “ihrem” Volk eine Suppe eingebrockt hat, an der nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa zu ersticken droht, bekommen jetzt wenigstens Obdachlose in Berlin einen segensreichen Löffel, für diese Leute hatte das “reiche Land” nämlich offenbar ansonsten keine Mittel. Rundum sättigend schließt sich nun der Kreis der heilen Welt für alle Suppenkasper, die einen solchen Bericht als klaren Beweis dafür bejubeln, dass doch noch alles gut wird. Und wenn auch morgen die Welt unterginge, ich würde heute noch ein Süppchen kochen.
Kritische Stimmen, die den Bericht des ZDF und die Werbung dafür bei Facebook nicht ganz so fraglos schlucken, werden nach gewohnter Manier niedergemacht. (“Ekelhaft!” “Alles schlecht machen!” “Was tust du denn für Obdachlose?” “Fresse halten!” “Braune Socken”) Immerhin, es gibt auch kritische Stimmen in der Diskussion bei Facebook, und es fällt auf, dass nicht wenige Skeptiker auf ihre Vergangenheit als DDR Bürger hinweisen und sich mit Propaganda daher ganz gut auskennen. Auch nach 25 Jahren Befreiung glaubt der Ossi immer noch nicht wirklich alles, es sei denn, er ist heute in der 1. Reihe des Staates tätig.
Ansonsten regiert bei den Dunkeldeutschen immer noch eine gewisse Renitenz in Glaubensfragen. Wenn die Verantwortlichen für den frömmelnden Film dann auch noch den dummen Fehler machen und das Einkommen des Suppenspenders falsch beziffern, trägt dies auch nicht gerade zur Glaubwürdigkeit bei. Gänzlich zur Lachnummer werden die Redakteure, wenn sie den Vorwurf der Manipulation nur damit kontern können, sie seien auch für die gefakete Mondlandung und den Tod von Elvis verantwortlich. Nein, liebes ZDF, wir wollen mal nicht übertreiben. Ihr seid und bleibt die Meister der ganz kleinen Form.
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