Monday, April 14, 2008

Gerhard Scheit

Über die Verschleierung der Gewaltverhältnisse zwischen Staaten und das Verhältnis der Europäischen Union zur Islamischen Republik Iran.
Soll die Bedrohung Israels durch das Atomprogramm des Iran hervor­gehoben werden, fühlen sich nicht wenige Freunde Israels herausge­fordert, sogleich hinzuzufügen: Eu­ropa sei ja genauso bedroht. Fast reflex­artig wird damit die Bereitschaft zum Bünd­nis angedeutet: Die Europäer müssten aufgerüttelt werden, damit sie endlich erkennen, dass jenes Vernichtungsprogramm doch auch ihre eigenen und eigensten Interessen in Frage stelle.
Die sechs Millionen Toten der Shoah waren ein Teil der Millionen und Abermillionen Toten im nationalsozialistischen Vernichtungsfeldzug. Daraus nun zu schließen, dass die Vernichtung der europäischen Juden also auch nur einen Teil und nicht den Kern dieses Feldzugs bildete, darauf käme niemand, der begriffen hat, was der Nationalsozialismus war. Es diente nur dazu, den Antisemitismus zu camouflieren. Aber wie sorgsam war man einmal bei den Anti­faschisten darauf bedacht, die besondere Lage der Jüdinnen und Juden zu verschweigen, und wie viel hat damit die »Volksfront«-Politik beigetragen, den Nationalsozialismus an sich zu ver­harmlosen, indem man nämlich ständig betonte, dass dieses Regime doch gerade dem Inter­esse des »deutschen Volks« entgegengesetzt sei. »Faschismus bedeutet Krieg«: das war richtig; aber alles Formelhafte trägt die Unwahrheit schon in sich, und so auch diese Formel. Denn der kommende Krieg, der bereits 1933 ausge­rufen wurde, hatte mit Krieg im bisherigen Sinn so wenig gemein als »Faschismus« überhaupt noch fassen konnte, was in Deutschland vor sich ging: Nationalsozialismus bedeutete Krieg als »Vernichtungskrieg gegen die Juden«, wie Ernst Fraenkel bereits 1938 schrieb.
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