Thursday, October 15, 2015

Vor Ort und doch nicht da

Die Berichterstattung des deutschen Staatsfunks aus und über Israel verzerrt zu nennen, ist wohl eine Untertreibung. Zwar zahlreich in Tel Aviv stationiert, ist vor allem die Arbeit der ARD-Journaillisten geprägt von unprofessioneller Arroganz, Vorurteilen und einer die Realität verzerrenden Einseitigkeit, die wohl selbst im weltweiten Vergleich durchaus ihresgleichen sucht.
Schon ein »Klassiker« ist etwa Richard C. Schneider, der sich am 31. Mai 2010 vor laufender Kamera zunächst darüber echauffiert, durch israelische Sicherheitskräfte regelmäßig mit Informationen versorgt zu werden, um dann zu fragen, »warum man zum Beispiel Spaghetti nicht [nach Gaza] hineinläßt«, denn es sei nicht »wirklich klar«, welches Risiko von den Nudeln ausgehe.
Dumm nur, daß dieses Problem zu diesem Zeitpunkt längst gelöst war: Am 1. März 2009, also weit über ein Jahr früher, hatte man in der FAZ lesen können, »jetzt gibt es auch wieder Spaghetti in Gaza«. Aktueller als Richard C. Schneiders falsche Klage sind die kleinen Ungenauigkeiten, die Torsten Teichmanns Berichterstattung zur aktuellen »palästinensischen« Terrorwelle prägen.
Am Mittwoch erklärte er exemplarisch in einem Bericht, den der Deutschlandfunk sendete, »allein in der vergangenen Nacht habe die israelische Armee rund um Jerusalem 21 Palästinenser festgenommen, in vielen Fällen Minderjährige, melden palästinensische Nachrichtenseiten. Für die israelische Regierung zählt alles das zur Hetze und Propaganda«. Eine durchaus kühne Behauptung.
Denn nur wenige Tage zuvor, am vergangenen Donnerstag, war es die israelische Regierung selbst, die das Alter festgenommener »palästinensischer« Gewalttäter ansprach. Im Rahmen einer vom israelischen Premier Benjamin Netanjahu einberufenen Pressekonferenz war es Minister Gilad Erdan, der öffentlich erläuterte, »that over half of the hundreds of people arrested were minors«.
Wo Torsten Teichmann also suggeriert, die israelische Regierung wolle eine bestimmte Information unterdrücken, war tatsächlich sie es, die diese Information thematisierte. Mit seinem Kniff, der den an Desinformation weniger interessierten Teil seiner Kundschaft verhöhnt, kann sich Torsten Teichmann allerdings davor drücken, zu benennen, was in Jerusalem wirklich als Hetze gilt:
»Referring to an attack two days ago, in which Hassan Manasra, 15, and his cousin Ahmed Manasra, 13, stabbed a 13-year-old boy and 25-year-old man in the northern Jerusalem neighborhood of Pisgat Zeev, seriously wounding both, Abbas said Israel killed the two attackers in ›cold blood.‹«
Und hierin zeigt sich die Einseitigkeit von Richard C. Schneider, Torsten Teichmann und Co., die möglicherweise zwar gelegentlich Blicke auf »palästinensische Nachrichtenseiten« werfen und das vielleicht gar Recherche nennen, aber konsequent beschweigen, was ihnen dort an Haß, Hetze und Propaganda begegnet. Selbst amtliche Medien wie Al-Hayat Al-Jadida oder WAFA sind voll davon.
Es ist nicht falsch, über israelische Bemühungen zu berichten, den Terror einzudämmen, und sie zu hinterfragen. Beständig auszublenden, was auf der »palästinensischen« Seite geschieht, das indes ist unredlich. Erhebt Abu Mazen in Ramallah einen angeblich getöteten minderjährigen Terroristen zum »Märtyrer« oder werden Checkpoints in Jerusalem eingerichtet – beides ist berichtenswert.
Es fehlt den deutschen Staatsfunkern nicht an Ressourcen für eine Berichterstattung, die diese Bezeichnung verdiente. Man muß nicht einmal vor Ort sein, um zu erfahren, wie offizielles »Palästina« und »palästinensische« Gesellschaft ticken. Das Internet gibt ihnen eine Stimme, der man nur zuhören wollen muß. Die ARD-Journaille in Tel Aviv jedoch hört bewußt weg, scheint’s.
 tw24

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