Sunday, January 17, 2016

Mißtrauensverweigerung

Mit ihrer Erklärung, das Regime der Islamischen Republik Iran habe »alle Verpflichtungen« des im Juli in Wien vorgestellten Deals zwischen Teheran und den fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sowie Deutschland erfüllt, hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) am Sonnabend den Weg zur Umsetzung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) freigemacht.
Nach den Angaben der UN-Behörde, die auch die weitere Umsetzung des JCPOA überwachen soll, hat das Mullah-Regime die Zahl seiner genutzten Zentrifugen auf etwa 6.000 drastisch verringert und sich weitgehend von seinen Beständen angereicherten Urans getrennt, so daß die wegen seines Kernwaffenprogramms gegen das Land verhängten Sanktionen aufgehoben werden konnten.
Weiterer Bestandteil der Vorbereitungen des »Implementation Day« war eine Untersuchung vergangener Forschungsaktivitäten der Islamischen Republik auf mögliche militärische Aspekte, die der Gouverneursrat der IAEA vor vier Wochen trotz einiger ungeklärter Fragen mit dem Ergebnis für beendet erklärt hatte, daß Teheran ein Kernwaffenprogramm betrieben habe.
Doch auch wenn so nur all zu deutlich wurde, daß Teheran gelogen und gegen Auflagen des UN-Sicherheitsrats verstoßen hat, sahen die westlichen Architekten des JCPOA keinen Grund, weitere Untersuchungen zu fordern. Je offenkundiger die Lüge wurde, desto mehr Vertrauen brachten sie Teheran entgegen, was sich nun auch im »Implementation Day« äußert und ihrem Selbstlob.
So ließ etwa Frank-Walter Steinmeier, der deutsche Außenministerdarsteller, einen »historischen Erfolg der Diplomatie« verkünden: »Das iranische Atomprogramm wird nun auf viele Jahre strengen technischen Beschränkungen und lückenlosen Überwachungsregeln unterworfen sein. Damit ist ein iranischer Weg zur Atomwaffen verlässlich und nachprüfbar verschlossen.«
Schön wäre es, könnte man diesen Worten trauen. Doch was ist beispielsweise von »lückenlosen Überwachungsregeln« zu halten, wenn die Regierung in Washington in entlarvender Offenheit erläutert, »no country in the world today permits ›anytime, anywhere‹ inspections – this is a false standard that the IAEA does not employ in any country«? Nichts wird »lückenlos« kontrolliert.
Womit wirklich zu rechnen sein wird, hat sich dabei durchaus schon bis in den Deutschen Bundestag herumgesprochen. In der Plenardebatte am Donnerstag war es der Unions-Abgeordnete Roderich Kiesewetter, der andeutete, »mit dem Tag der Implementierung werden mindestens 70 Milliarden US-Dollar freigegeben, die zurzeit eingefroren sind, mit denen der Iran arbeiten kann.«
»Seien wir nicht so blauäugig, zu glauben, der Iran werde das Geld in soziale und gesundheitspolitische Maßnahmen im eigenen Land stecken. Er wird die Nachbarschaftskriege im Jemen unterstützen und weiter Aufstandsbekämpfung mit Blick auf Bekämpfung von gemäßigten Rebellengruppen betreiben.«
Und auch der Hamas hat Javad Zarif, der »Außenminister« des Mullah-Regimes, bereits ein (offenbar noch nicht ganz überzeugendes) Angebot gemacht. In Wien nun war just dieser Repräsentant einer klerikalen Tyrannei, die nach innen wie außen alles andere ist als friedlich, der Held des Abends, ein Hoffnungsträger, der allen Grund hatte, zufrieden in Kameras zu lachen.
Die atomare Infrastruktur seines Landes bleibt nicht nur erhalten, sie darf nun ganz legal unterhalten und auch modernisiert werden. Geld dafür war bisher kein Problem, und nach dem »Implementation Day« wird es noch reichlicher fließen. Vielleicht wurde die Breakout Time vorläufig wirklich um ein paar Wochen verlängert, doch damit ist tatsächlich nichts ausgeschlossen.
Hatte US-Präsident Barack Hussein Obama erklärt, »this deal is not built on trust, it is built on verification«, so haben sein Zustandekommen und die Wochen seither vor allem gezeigt, daß Mißtrauen in diese Versprechen angebracht ist. Sanktionslos konnte Teheran mit Raketentests gegen Resolution 1929 des UN-Sicherheitsrats verstoßen und auch sonst auf stete Nachsicht setzen.
Der Deal wurde für dessen westliche Anhänger zum Selbstzweck, sie wollten und wollen zeigen, daß, wie es Frank-Walter Steinmeier formuliert, »Diplomatie [..] eben auch unüberbrückbar scheinende Gegensätze überwinden und gefährliche Krisen entschärfen« kann und haben darüber das Entstehen neuer Konflikte und die Verschärfung alter übersehen, übersehen wollen.
Später oder – wahrscheinlich – früher wird diese Ignoranz der Realität sich bitter rächen. Und leider werden darunter zuerst nicht jene zu leiden haben, die es verdienten, sondern Alliierte wie Israel oder Saudi-Barbarien, aber auch die gesamte Region, die sich das zur Hegemonialmacht aufstrebende und an der Schwelle zur Atombombe stehende Regime in Teheran unterwerfen will.
Nachtrag: »The Treasury Department said it was imposing [..] penalties against 11 firms and individuals based in the United Arab Emirates who had helped provide secret materials to Iran to develop their ballistic missile program, against a United Nations Security Council resolution.«
tw24

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