Anwälte islamistischer Massenmörder setzen Hoffnung in ihn
Das juristische Tauziehen um die Inhaftierung des rechtskräftig verurteilten Terrorhelfers Mounir el-Motassadeq geht voraussichtlich in eine neue Runde. Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitagabend in Karlsruhe die vom Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) gewährte Haftverschonung verworfen hatte, nahmen Beamte den 32-Jährigen umgehend fest.
Der Bundesgerichtshof hatte nach zweitägigen Hin und Her der Behörden zuvor den Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt und seine Entscheidung mit einer erheblich erhöhten Fluchtgefahr nach dem neuerlichen Urteil begründet. Zudem wurde darauf verwiesen, dass die Familie des Marokkaners inzwischen ausgereist sei. Sie waren am 12. September nach Marokko geflogen und halten sich bei Verwandten auf.
Anisic, der bereits im Februar 2006 die erste Aussetzung der Haft durchgesetzt hatte, sah dennoch keinen Grund für die Rücknahme der Haftverschonung. "Wir werden eine Beschwerde gegen die Inhaftierung einreichen und wir werden erreichen, dass Herr Motassadeq bis zur Festsetzung seines Strafmaßes in Freiheit bleiben wird", sagte der Rechtsanwalt.
Die obersten Richter in Karlsruhe hatten die vom Hamburger OLG verfügte Verschärfung der Meldepflicht nicht für geeignet gehalten, "der nunmehr deutlich erhöhten Fluchtgefahr zu begegnen". Da sich die Verhältnisse "gravierend zum Nachteil des Angeklagten geändert" hätten, böte auch das bisherige Verhalten Motassadeqs keine ausreichende Gewähr, "dass sich der Angeklagte dem weiteren Verfahren stellen und nicht dem erheblichen Fluchtanreiz nachgeben wird".
Motassadeq war am Donnerstag vom Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA wegen Beihilfe zum Mord in 246 Fällen für schuldig befunden worden. Dennoch verfügte das Hamburger Oberlandesgericht zunächst, Motassadeq vorerst nicht in Haft zu nehmen. Dagegen legte die Bundesanwaltschaft Beschwerde ein, die ebenfalls vom OLG zurückgewiesen wurde. Der 3. Strafsenat des BGH in Karlsruhe gab am Abend der Beschwerde von Generalbundesanwältin Monika Harms statt.
Generalbundesanwältin Harms hatte gegen die Entscheidung des Hamburger Gerichtes vom Donnerstagabend Beschwerde eingelegt und dies damit begründet, dass "keine Gesamtabwägung aller Umstände" vorgenommen worden sei. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft besteht inzwischen erhöhte Fluchtgefahr, weil Motassadeq durch seine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord zum einen "mit einer wesentlich höheren Haftstrafe zu rechnen" habe.
Der Motassadeq-Anwalt Anisic setzt in seiner Verteidigung auch darauf, dass sich absehbar die politischen Verhältnisse in den USA änderten und man an den dort inhaftierten mutmaßlichen Cheflogistiker der Anschläge, Ramzi Binalshibh, den mutmaßlichen Drahtziehers Khalid Sheikh Mohammed sowie den angeblichen Al-Qaida-Kontaktmann Mohamedou Ould Slahi herankomme. "Schon ein Satz von ihnen würde ausreichen, um Motassadeq zu entlasten", sagte Anisic.
(ddp)
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