Sunday, June 14, 2015

Kritischer Journaillismus (Folge 1341)

In der in Dresden erscheinenden Sächsischen Zeitung wurde am 13. Mai ein Kommentar eines Frank Grubitzsch veröffentlicht, der sich unter der Überschrift „Beziehungen ohne Tabus“ wohl den in diesen Tagen gefeierten deutsch-israelischen Beziehungen widmen soll.
Dem Kommentator freilich fällt zum Thema nicht viel ein, weshalb ihn ja schon in der Titelzeile vermeintliche Tabus plagen. Das setzt sich fort, wenn er scheinheilig betont, „Freunden darf man die Wahrheit sagen, auch wenn sie manchmal unbequem ist“ – und sogleich loslegt:
„In Grenzen hält sich das Verständnis für die unerbittliche Härte, mit der Israels Armee terroristische Angriffe beantwortet und gegen palästinensische Zivilisten vorgeht. Gerade weil Israel der einzige demokratische Staat in der Region ist, muss er sich an höheren Maßstäben messen lassen.“
Man wüßte gern, woher der Kommentator seine Behauptung nimmt, daß israelische Sicherheitskräfte mit „unerbittlicher Härte [..] gegen palästinensische Zivilisten“ vorgehen, und noch mehr interessiert, wie Frank Grubitzsch dazu kommt, „höhere Maßstäbe“ zu vermissen.
Denn tatsächlich ist es doch gerade die jüdischen Demokratie selbst, die für sich den Anspruch nicht nur formuliert, von der „moralischsten Armee der Welt“ verteidigt zu werden, sondern ihre Streitkräfte einer steten (Selbst-)Kontrolle unterwirft und nicht minder wichtiger externer Kritik.
Von geringer Glaubwürdigkeit sind „NGO“ wie Breaking the Silence, gleichwohl ist auch und gerade deren Existenz ein erster Beleg dafür, daß es in Israel nicht eben an kritischen Geistern mangelt. Die authentischeren findet man im Establishment selbst.
Als Frank Grubitzsch nach „höheren Maßstäben“ rief, hatte in der israelischen Hauptstadt Jerusalem gerade die hochrangig besetzte Konferenz Towards a New Law of War stattgefunden, die die vielen Aspekte des notwendigen Kampfes gegen Terroristen untersuchte.
Und bereits kurz zuvor hatten die renommierten amerikanischen Experten Michael Schmitt und John Merriam die Veröffentlichung von Untersuchungen angekündigt, in denen sie zu dem Ergebnis gekommen waren, „that IDF positions on targeting law largely track those of the United States military“.
In der vergangenen Woche nun wurde dieser Befund von weiteren Experten, zahlreichen ehemaligen internationalen Chiefs of Staff, unter ihnen der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann, noch einmal anschaulich bestätigt:
„Alle Untersuchungen, so der Bericht, hätten belegt, dass Israel nicht nur international akzeptable Standards des Kriegsrechts eingehalten hätte, sondern darüber hinaus weit mehr getan hätte, um Kollateralschäden zu vermeiden. Dieses Verantwortungsbewusstsein habe sich durch alle Hierarchieebenen gezogen, von der obersten Militärspitze bis zum Soldaten im Feld.“
Den Mangel also, den Frank Grubitzsch beklagt, gibt es nur in dessen von keinerlei Ahnung getrübten Einbildung. Indem er ihn behauptet, führt er seine Leser in die Irre, bestätigt oder legt die Grundlage für Ressentiments. In der sächsischen Hauptstadt schafft man es damit auf Seite 1.
 tw24

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