Tuesday, January 05, 2016

Inkompetenzkollektiv

Als der Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) noch nicht verabredet war, bereiste US-Außenminister John Kerry den Mittleren Osten, um unter skeptischeren Nationen für Vertrauen in den Deal mit der Islamischen Republik Iran zu werben. Zu seinem Angebot zählte dabei neben finanzieller Unterstützung ein privilegierter Zugriff auf besonders moderne Rüstungsgüter.
»The offer could be accompanied by enhanced security commitments, new arms sales – including technology previously only offered to Israel – and more joint military exercises, U.S. officials say, as Obama tries to reassure Gulf Arab countries that Washington is not abandoning them.«
In Deutschland, wo man auf einen Außenministerdarsteller stolz ist, der ein »Architekt« des Wiener Abkommens sein soll und will, hat man diese Angebote, die auch zum Ziel hatten, durch engere Kooperation den Einstieg etwa Saudi-Barbariens in ein eigenes Kernwaffenprogramm zu verhindern, zwischenzeitlich vergessen. Einiger Hinrichtungen wegen mag man Riyadh nicht mehr.
Und das möchte man nun parteiübergreifend ausgerechnet durch eine Einstellung von Rüstungslieferungen bekräftigen. Hans-Peter Uhl, CSU, hält »Waffenlieferungen an Saudi-Arabien zum jetzigen Zeitpunkt für falsch«, es müsse überlegt, ob das Königreich nach den Hinrichtungen vom Wochenende noch als »Stabilitätsfaktor in einer unfriedlichen Region« gelten könne.
Für die Sozialdemokratie will deren Vizekanzler Sigmar Gabriel »überprüfen, ob wir in Zukunft auch defensive Rüstungsgüter kritischer beurteilen müssen«, es sei in jedem Fall richtig gewesen, »weder Kampfpanzer noch die Maschinengewehre G 36 nach Saudi-Arabien zu liefern«. Noch weiter gehen die Oppositionsparteien, die gleich alle Kontakte nach Riyadh abbrechen wollen.
Man wüßte gern, was genau die »Experten« sich davon erhoffen, Saudi-Barbarien weiter zu isolieren, gleichzeitig aber auf Entspannung gegenüber dem Regime in Teheran zu setzen. Im Staat der Mullahs wurden in der ersten Hälfte 2015 700 Todesurteile vollstreckt. Ging es seit der Vorstellung des Wiener Abkommens so weiter, wurden bis heute weitere 700 Menschen exekutiert.
Saudi-Barbarien hat 2015 »mindestens 151 Menschen hingerichtet«, ein, so Amnesty International, »trauriger Höchstwert« für das Land, doch im Vergleich mit der Mullah-Tyrannei ein auffallend niedrigerer. Zu lesen ist, »Grüne und Linkspartei forderten einen Abbruch der Zusammenarbeit der Bundesregierung mit dem saudischen Königshaus«, nicht jedoch der mit dem Regime in Teheran.
»Die Exekutionen« in Saudi-Barbarien »seien ›der letzte Weckruf‹, die Partnerschaft mit einem Staat zu beenden, ›dessen Praktiken sich vom sogenannten Islamischen Staat kaum unterscheiden‹, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion Omid Nouripour«, dem Hinrichtungen in der Islamischen Republik dagegen allenfalls die Stimmung verhageln.
Was könnte man Riyadh vorwerfen, nicht aber Teheran, das diese double standards rechtfertigt? Von Menschenrechten weiß man in beiden Staaten nur wenig. Privatpersonen aus Saudi-Barbarien wird eine Unterstützung der Daesh nachgesagt, während das Regime in Teheran Hisbollah und Hamas offen sponsert und Kriegspartei in Syrien ist. Hat Riyadh Kernwaffenforschung betrieben?
Noch jedenfalls kann man das der Monarchie nicht unterstellen. Treibt man sie allerdings weiter in die Isolation, weshalb sollte sie dann nicht dem Beispiel Teherans zu folgen versuchen? Es lohnt ja offenbar, klammheimlich aufzurüsten und UN-Resolutionen zu mißachten. Was deutsche Außenpolitiker und »Experten« vorschlagen, hat das Potential, die Welt unfriedlicher zu machen.
 tw24

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