Sunday, October 04, 2015

SPÖ-Häupl zittert: Berlin will "falsche" Flüchtlinge zurückschicken

Deutschland verschärft die Gangart in der Flüchtlingskrise - mit erheblichen Auswirkungen auf Österreich. Ein in der Bundesregierung in Berlin angedachtes neues Blitzverfahren ist in "Ressortabstimmung", heißt es in einem E-Mail aus dem deutschen Innenministerium an die "Krone". Soll heißen: Der Plan, Asylverfahren schon vor der Einreise in Transitzonen durchzuführen, dürfte kurz vor der Genehmigung stehen - was einen immensen Rückstau im österreichischen Grenzgebiet verursachen würde.Die Pressesprecherin des deutschen Innenministeriums beruft sich in ihrem Schreiben auf Artikel 43 der EU- Asylverfahrensrichtlinie. Dieser ermögliche den in Deutschland nun forcierten "kurzen Prozess", das sogenannte Flughafenverfahren, in dem Asylgründe im Schnelldurchlauf geprüft werden - schon vor der Einreise. "Unzulässige und offensichtlich unbegründete Verfahren" sollen so möglichst rasch abgeschlossen werden, "falsche Flüchtlinge", die etwa nicht vor den Kriegswirren in ihren Heimatstaaten fliehen, sollen abgewiesen werden. Von einer "schnellen Rückführung" ist wörtlich die Rede.In Österreich wird die Entwicklung mit Sorge gesehen. Aus dem Innenministerium hieß es am Wochenende zur "Krone", die geplanten Neuerungen im Nachbarland könnten schon demnächst in Kraft treten: "Das kann in drei Tagen sein - oder auch erst in zwei Monaten." Im Fall des Falles sollen etwa große Hallen im Grenzgebiet angemietet werden, verriet ein Insider. In den vergangenen Tagen hatte sich die Debatte über den Umgang mit den enormen Flüchtlingszahlen in Deutschland weiter verschärft, insbesondere im Lager der Union von Kanzlerin Angela Merkel. Immer ranghöhere Politiker forderten zuletzt einen kompletten Aufnahmestopp und eine Schließung der Grenze zu Österreich. "Angesichts von rund 300.000 Flüchtlingen allein im September braucht Deutschland dringend einen Aufnahmestopp", sagte etwa CSU- Generalsekretär Andreas Scheuer der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Es brauche eine "Kursänderung", so der bayrische Politiker. "Schon in den nächsten Tagen kann eine Situation entstehen, in der Bayern die Grenzen seiner Möglichkeiten erreicht, weil die anderen Bundesländer es nicht mehr schaffen, Flüchtlinge aufzunehmen." Scheuer forderte weiters, über eine "Obergrenze für die Aufnahme von Asylwerbern" zu reden.Auch der CSU- Innenpolitiker Stephan Mayer hält eine zeitweilige Schließung der Grenzen für notwendig. "Wenn weiter so viele Asylwerber nach Deutschland kommen wie in den vergangenen Wochen, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als einen zeitweiligen Aufnahmestopp zu verhängen und die Grenzen für sie zu schließen", sagte Mayer der "FAS". Das solle aber möglichst in Absprache mit den anderen europäischen Ländern geschehen. Der CDU- Innenpolitiker Clemens Binninger hält es nach eigenen Angaben ebenfalls für nötig, "wirksame Kontrollen an den deutschen Außengrenzen durchzuführen und auch Asylwerber zurückzuweisen". Indirekte Rückendeckung für die österreichischen Befürchtungen vor einem Flüchtlingsrückstau an den deutschen Grenzen kam am Wochenende aus Brüssel: Die EU- Kommission lehnt laut deutschen Medien die geplanten Transitzonen ab. Nach Ansicht der Kommission würden der Schengen- Vertrag und die Asylverfahrensrichtlinie ein solches Verfahren nur auf Flughäfen und an den Außengrenzen des Schengenraums zulassen. An den Binnengrenzen dürften demnach allenfalls vorübergehend für einige Wochen Transitzonen mit Absperrungen geschaffen werden, das könne jedoch keine dauerhafte Lösung sein. Am Mittwoch hatte Kommissionspräsident Jean- Claude Juncker mit Kanzlerin Merkel und Bundeskanzler Werner Faymann telefonisch über die brisanten Pläne beraten.Dass die Flüchtlingskrise weiterhin das Thema Nummer eins im heimischen Wahlvolk ist, zeigt das aktuelle "Krone"- Stimmungsbarometer genau eine Woche vor der Wien- Wahl: 38 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Themen "Asylpolitik" bzw. "zu viele Flüchtlinge" derzeit besonders bewegen - deutlich mehr als etwa die Bereiche "günstigeres Wohnen" oder "Arbeitslosigkeit, Arbeitsplätze". So ist es durchaus vorstellbar, dass die Wahl in der Bundeshauptstadt von den geplanten Entscheidungen in Berlin zumindest mitentschieden wird.
 krone.at

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