Der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Raphael Sako hat einmal mehr die internationale Staatengemeinschaft aufgerufen, entschiedener gegen den IS vorzugehen und sich bei der Etablierung von rechtsstaatlichen Strukturen im Irak und in Syrien zu engagieren. Zugleich warnte der Patriarch im "Kathpress"-Interview den Westen davor, allzu blauäugig die muslimischen Flüchtlinge aus dem Nahen Osten aufzunehmen. Wachsamkeit vor Terroristen wie vor der Etablierung von islamischen Parallelgesellschaften sei geboten. Von den Terroranschlägen in Paris zeigte sich der Patriarch schockiert, zugleich aber auch nicht überrascht. "Das war klar, dass der IS-Terror früher oder später auch Europa erreicht."
Sako hält sich derzeit für einige Tage in Österreich auf, wo er u.a. an einer Tagung des Internationalen Zentrums für Archivforschung (ICARUS) in St. Pölten teilnimmt.
Der IS könnte militärisch relativ leicht besiegt werden, wenn sich die internationale Staatengemeinschaft einig wäre, zeigte sich der Patriarch überzeugt. Freilich gehe dies nur mit Bodentruppen. Dabei müsse man endlich auch die arabischen Staaten in die Pflicht nehmen. Sako: "Wer liefert dem IS Waffen, wer kauft ihm das Öl ab?"
Doch mit der militärischen Vernichtung des IS sei dessen Ideologie noch lange nicht verschwunden. Die Menschen müssten sich nicht mehr in erster Linie als Mitglieder einer Religion oder eines Stammes sondern als Bürger eines Landes begreifen. Für den Islam bedeute dies, dass es ohne Reformen nicht gehen werde. Hier seien die islamischen Autoritäten gefordert.Der Westen, allen voran die USA, hätten im Irak ein einziges Chaos hinterlassen und auch für Syrien gebe es keinen Plan, kritisierte Sako. Von der vielversprochenen Demokratie im Irak gebe es jedenfalls keine Spur. Das sei auch nicht möglich, da man dazu erste einmal die Mentalität und Einstellungen der Bevölkerung ändern müsse.
Eindringlich warnte Sako den Westen, gegenüber den Flüchtlingen aus dem Nahen Osten zu naiv und blauäugig zu seien. Die Menschen würden ihre eigenen Traditionen und ihre muslimische Mentalität mitbringen, die nicht mit westlichen Werten vereinbar seien. Man müsse die Gefahr von Parallelgesellschaften realistisch sehen und dagegen vorgehen. Zudem könnten unter den Flüchtlingen durchaus auch Terroristen sein, so Sako.
Integration sei vielleicht möglich, aber sicher schwierig. Jedenfalls seien die westlichen Staaten gut beraten , "klug vorzugehen", sagte der Patriarch. Er warnte vor einer zu hohen Konzentration von muslimischen Flüchtlingen in eigenen Wohnvierteln. Christlichen Flüchtlinge, von denen es allerdings nur relativ wenige gibt, würden sich hingegen sehr leicht integrieren. Er bedauere es zwar zutieftst, wenn die Christen ihre angestammte Heimat verlassen, es sei aber nur allzu verständlich.
Vor der Invasion der Amerikaner und ihrer Verbündeten im Irak 2003 gab es rund 1,5 Millionen Christen. Heute seien es weniger als eine halbe Million; unzählige davon Binnenvertriebene. Allein vor der Terrrormiliz IS seien 2014 rund 120.000 Christen in die sicheren Kurdengebiete geflohen. Dort seien sie zwar in Sicherheit, hätten aber keinerlei Perspektiven. Die Menschen wollten zurück in ihre Städte und Dörfer, das sei aber schlicht unmöglich. Die einzige Chance für eine Zukunft des Nahen Osten liege in der strikten Trennung von Religion und Staat, zeigte sich das chaldäische Kirchenoberhaupt überzeugt. Und das könne nur gelingen, wenn der Westen Druck auf die entsprechenden Regierungen ausübt.
Konkret forderte Sako dies im Hinblick auf die irakische Regierung bzw. das irakische Parlament ein, damit es endlich mehr Religionsfreiheit im Irak gibt. So sei etwa die bisherige gesetzliche Regelung, wonach Kinder aus Ehen, in denen ein Elternteil zum Islam übertritt, automatisch als Muslime gelten, nicht länger tragbar. Das widerspreche jeder Form von Religionsfreiheit. Schon seit Monaten protestieren die christlichen Kirchen im Irak gemeinsam mit anderen nichtislamischen Religionsgemeinschaften und Menschenrechtsorganisationen für eine entsprechende Gesetzesnovelle.
Einmal mehr rief der Patriarch auch die österreichischen Bischöfe auf, in den Irak zu reisen, um der notleidenden Bevölkerung und besonders den Christen zu verstehen zu geben, das sie nicht vergessen sind. "Wir brauchen kein Geld sondern Solidarität", so Sako wörtlich.
katholisch.at
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