Thursday, June 19, 2014

Berner Obergericht spricht Kartonminarette-Reinigungsmann Dominik Lüthard frei

Dominik Lüthard ist in zweiter Instanz vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen worden. Auslöser des Prozesses war das Wegwischen von Kartonminaretten an einer Veranstaltung in Langenthal. Das bernische Obergericht hatte eine Aktion Lüthards an einer Anti-Minarett-Kundgebung im Jahr 2010 in Langenthal zu beurteilen. Der Sachverhalt war nicht strittig: Lüthard hatte an der Demo in einem symbolischen Akt mit einem Besen Kartonminarette von einer Schweizerfahne gewischt. In erster Instanz war Lüthard freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte am Donnerstag eine bedingte Geldstrafe für Lüthard gefordert, sein Verteidiger plädierte auf Freispruch. Das Obergericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Für die Staatsanwaltschaft stand die Symbolkraft der Minarette im Zentrum. «Ein Schweizer Durchschnittsempfänger versteht das Minarett durchaus als Symbol für die Gläubigen des Islam», sagte der Staatsanwalt vor Obergericht. Lüthards Verteidiger forderte hingegen einen Freispruch. Die Symbolik der Aktion an der Kundgebung in Langenthal sei zwar stark und plakativ gewesen, sagte der Verteidiger. Aber mit den herkömmlichen Mitteln wie Reden und Transparenten hätten die Kundgebungsteilnehmer nicht die gleiche Wirkung erzielen können. Der Verteidiger sagte, dass es in der Politik pointierte Aussagen brauche, so wie auch «Bilder, die im Gedächtnis sekundenschnell haften bleiben». Die Aktion mit dem Besen und den Kartonminaretten müsse von der Meinungsäusserungsfreiheit gedeckt sein. Das Obergericht kam zum Schluss, dass die Aktion in einem politischen Umfeld stattfand. Die Veranstaltung wurde von der Stadt Langenthal als Kundgebung gegen den Minarettbau bewilligt. Auslöser für die Kundgebung war die vom Kanton erteilte Baubewilligung, auch wenn in der eidgenössischen Abstimmung im November 2009 die Minarett-Initiative deutlich angenommen wurde. Das Obergericht begründete den Freispruch Lüthards mit der Rechtssprechung des Bundesgerichts. Dieses sagt, dass eine politische Debatte in einer Demokratie möglich sein müsse, auch wenn mit schockierenden, verletzenden und missfallenden Arrgumenten gekämpft werde. Auch das Spiel mit der Angst sei zulässig und müsse ausgehalten werden können, erläuterte das bernische Obergericht die Rechtssprechung des Bundesgerichts. Nicht per se handle es sich dabei um Rassendiskriminierung, es seien auch andere Rechtsgüter betroffen.
srf.ch

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