Saturday, June 28, 2014

Etappensieger

Die Ukraine ist kein faschistischer Staat. Gleichwohl gilt, was Andrew Foxall und Oren Kessler für das international durchaus renommierte Magazin Foreign Policy mit den Worten, “yes, there are bad guys in the Ukrainian government”, zusammenfaßten.
Und gefördert wurde der Aufstieg der bad guys im neuen Regime von Kiew nicht eben unwesentlich von Gestalten, die für sich beanspruchen, europäische Werte zu repräsentieren: “Western governments [..] are at least partially complicit in facilitating Svoboda’s rise.”
“And Svoboda’s fresh faces are scarcely different from the old: one of its freshmen members of parliament is the founder of the ‘Joseph Goebbels Political Research Centre’ and has hailed the Holocaust as a ‘bright period’ in human history.”
Erschienen bereits Mitte März, konnte die Analyse Andrew Foxalls und Oren Kesslers nicht verhindern, was die Deutsche Welle als “Etappensieg der Ukraine auf dem Weg in die EU” feiert: Am Freitag unterzeichneten Kiew und die EU ein Assoziierungsabkommen.
“Das bereits 2011 ausgehandelte Papier soll die Ukraine wirtschaftlich an Europa binden, unter anderem durch eine Freihandelszone.”
Gleichgültig war den Europärn ganz offenkundig, “the uncomfortable truth is that a sizeable portion of Kiev’s current government – and the protesters who brought it to power – are, indeed, fascists”. Was zählte, war allein dies: “Kiew beschleunigt seinen Abschied von Moskau”.
Zu den “Kollateralschäden” der europäischen Blindheit gegenüber der Beteiligung von Nationalisten und Faschisten, von Antisemiten, die den Holocaust öffentlich feiern, an der Regierung in Kiew gehört eine merkliche Zunahme der Auswanderung von Juden aus der Ukraine.
1.107 ukrainische Juden nahm Israel in den ersten drei Monaten des Jahres auf, im ersten Quartal 2013 waren es noch “nur” 592. Und selbst Berlin scheint zu ahnen, was es mit seiner Ukraine-Politik anrichtet: “Germany eases its immigration policy for Ukrainian Jews”.
“The German government said it was watching the situation for Jews in Ukraine closely.”
Zum Eingreifen, beispielsweise mit der Forderung an Kiew, faschistische Parteien zu verbieten, ihre Abgeordneten und Minister zu suspendieren, will sich Berlin freilich nicht durchringen. Seine Versuche einer “Schadensbegrenzung” sind allerdings auch aus einem anderen Grund lächerlich.
Auf europäischer Ebene nämlich ist Deutschland Vorbild für einen sehr offiziellen Boykott von Juden. Am gleichen Freitag, an dem die Europäische Union ihr Assoziierungsabkommen mit der Regierung von Kiew unterzeichnete, warnten mehrere europäische Regierungen ihre Bürger vor Kontakten zu “Siedlern”.
“Spain, Italy warn citizens against doing business with settlements [..]. Nations join France, U.K. and Germany in advising against legal and financial risks.”
“Offensichtlich antiisraelische Ressentiments bei den Grünen” wollte der damalige CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt entdeckt haben, als die forderten, Deutschen endlich wieder “informierte Kaufentscheidungen” zu ermöglichen, Philipp Mißfelder, CDU, sprach von einem “Boykottaufruf”.
Als die Europäische Union sich später mit für alle ihre Mitgliedsstaaten verbindlichen Richtlinien für “informierte Kaufentscheidungen” begeisterte, verkündete Philipp Mißfelder als außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktionen im Bundestag, “die Bundesregierung hat sich [..] distanziert.”
“Die Leitlinien der Europäischen Union haben eine ähnliche Qualität wie die jüngste Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zur Produkt-Etikettierung von Waren aus dem Westjordanland, dem Gazastreifen oder aus Ostjerusalem. Auch diese Anfrage leistete keinen konstruktiven Beitrag zur Lösung des Konflikts in den Palästinensergebieten.”
Am Freitag durfte man einmal mehr erleben, was es heißt, wenn eine deutsche Regierung sich “distanziert”. In Vilnius feierte ihr Außenministerdarsteller Frank-Walter Steinmeier (auch) mit Antisemiten einen “Etappensieg”, während Spanien und Italien die deutsche Führungsrolle beim Boykott von Juden anerkannten.
Ein weiterer schöner Etappensieg für Europa.
 tw24

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