Am Dienstag sitzt Amir, 22, in grauem Baumwolltrainer und
Fussfesseln, im Bezirksgericht Brugg. Die Vorwürfe: versuchte
vorsätzliche Tötung und Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Er sagt, er habe an jenem Abend «nicht viel getrunken, sechs oder sieben
Bier». «Efrem sagte zu mir, wir seien doch beide Eritreer, ich müsse
doch ihm helfen und nicht den Arabern.»
Er sei nach der verbalen Auseinandersetzung auf sein Zimmer gegangen,
und eine halbe Stunde später habe er erfahren, dass Efrem mit einem
Messer verletzt wurde. «Bei Gott, ich weiss nicht, wer ihm die
Stichverletzung zugefügt haben könnte», sagt der Angeklagte.
Gerichtspräsidentin Franziska Roth zitiert Zeugen, die Amir mit einem
Messer in der Hand gesehen haben wollen. Sie sagt die Namen der Zeugen,
und Amir erklärt, es sei ja logisch, dass diese ihn beschuldigten, sie
seien schliesslich Freunde von Efrem.
Amir gibt zwar zu, sich mit Efrem gestritten zu haben, zuerst vor dem
Haus, dann in der Waschküche, zuletzt im Gang vor Efrems Zimmer. Efrem
habe eine Flasche nach ihm geworfen, die sei kaputtgegangen, und er habe
ihn weggestossen. «Es kann ja sein, dass er umfiel und sich an den
Scherben schnitt. Ich bin ganz sicher, dass ich ihn nicht gestochen
habe.»
Nicht bestritten wird von Amir, dass er in Aarau «drei Mal für
jeweils 20 Franken Marihuana zum Eigenkonsum erworben und dieses
anschliessend in Birr selber konsumiert hat», wie es in der
Anklageschrift heisst. «Ja, das stimmt», bestätigt Amir.
Der Staatsanwalt beschreibt, wie schwierig die Arbeit für die
Ermittler war: «Den Streit haben viele Bewohner mitbekommen, die ihn
genau widergeben könnten. Mit Betonung auf könnten.» Denn just in jenem
Moment, in dem Efrem durch eine Messerklinge verletzt worden sei, seien
alle Anwesenden «plötzlich auf dem WC, im Zimmer oder draussen» gewesen.
Er habe, so der Staatsanwalt weiter, auch ein gewisses Verständnis
dafür, «dass Asylsuchende nicht noch mehr Probleme haben wollen», und
vielleicht sei es besser, in einem solchen Fall in dubio pro reo zu
entscheiden. Doch in Amirs Versionen des Ablaufs gebe es mehrere
Widersprüche und sie seien nicht übereinstimmend mit jenen der Zeugen.
Dass die Wunde von einer Scherbe stamme, sei zudem gar nicht möglich,
wie die Analyse der Wundform im rechtsmedizinischen Gutachten gezeigt
habe. Für ihn sei erstellt, dass Amir ein Messer nahm und «gezielt nach
oben ging, um Efrem zu erstechen».
grenchnertagblatt.ch/aargau
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