Wednesday, November 04, 2015

Streit zwischen Eritreern in Asyl-Unterkunft endet mit Messer im Rücken

Am Dienstag sitzt Amir, 22, in grauem Baumwolltrainer und Fussfesseln, im Bezirksgericht Brugg. Die Vorwürfe: versuchte vorsätzliche Tötung und Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Er sagt, er habe an jenem Abend «nicht viel getrunken, sechs oder sieben Bier». «Efrem sagte zu mir, wir seien doch beide Eritreer, ich müsse doch ihm helfen und nicht den Arabern.»
Er sei nach der verbalen Auseinandersetzung auf sein Zimmer gegangen, und eine halbe Stunde später habe er erfahren, dass Efrem mit einem Messer verletzt wurde. «Bei Gott, ich weiss nicht, wer ihm die Stichverletzung zugefügt haben könnte», sagt der Angeklagte. Gerichtspräsidentin Franziska Roth zitiert Zeugen, die Amir mit einem Messer in der Hand gesehen haben wollen. Sie sagt die Namen der Zeugen, und Amir erklärt, es sei ja logisch, dass diese ihn beschuldigten, sie seien schliesslich Freunde von Efrem.
Amir gibt zwar zu, sich mit Efrem gestritten zu haben, zuerst vor dem Haus, dann in der Waschküche, zuletzt im Gang vor Efrems Zimmer. Efrem habe eine Flasche nach ihm geworfen, die sei kaputtgegangen, und er habe ihn weggestossen. «Es kann ja sein, dass er umfiel und sich an den Scherben schnitt. Ich bin ganz sicher, dass ich ihn nicht gestochen habe.»
Nicht bestritten wird von Amir, dass er in Aarau «drei Mal für jeweils 20 Franken Marihuana zum Eigenkonsum erworben und dieses anschliessend in Birr selber konsumiert hat», wie es in der Anklageschrift heisst. «Ja, das stimmt», bestätigt Amir.
Der Staatsanwalt beschreibt, wie schwierig die Arbeit für die Ermittler war: «Den Streit haben viele Bewohner mitbekommen, die ihn genau widergeben könnten. Mit Betonung auf könnten.» Denn just in jenem Moment, in dem Efrem durch eine Messerklinge verletzt worden sei, seien alle Anwesenden «plötzlich auf dem WC, im Zimmer oder draussen» gewesen.
Er habe, so der Staatsanwalt weiter, auch ein gewisses Verständnis dafür, «dass Asylsuchende nicht noch mehr Probleme haben wollen», und vielleicht sei es besser, in einem solchen Fall in dubio pro reo zu entscheiden. Doch in Amirs Versionen des Ablaufs gebe es mehrere Widersprüche und sie seien nicht übereinstimmend mit jenen der Zeugen. Dass die Wunde von einer Scherbe stamme, sei zudem gar nicht möglich, wie die Analyse der Wundform im rechtsmedizinischen Gutachten gezeigt habe. Für ihn sei erstellt, dass Amir ein Messer nahm und «gezielt nach oben ging, um Efrem zu erstechen».
 grenchnertagblatt.ch/aargau

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