Sunday, November 08, 2015

Willkommens-Journalismus bis zum Abwinken

Wer weiß, wo Angela Merkel wäre, gäbe es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht. Wir hätten zumindest ihr Mantra in der Flüchtlingskrise nicht so oft unwidersprochen gehört: „Wir schaffen das.“ Die drei Worte scheinen bei ARD und ZDF seit einiger Zeit zur inoffiziellen Programmleitlinie geworden zu sein. Sie produzieren Informationen mit vielleicht sogar gutgemeinter Schlagseite, die eine Welt zeigen, die der Wunschvorstellung mancher Politiker entsprechen mag, deren Realität aber eine andere ist.So sehen wir im Augenblick von morgens bis abends zwar Berichte von der bayerischen Grenze, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen und die Überforderung derer bezeugen, die den Flüchtlingszuzug bewältigen sollen und das kaum noch können. Doch folgt spätestens im Studiogespräch danach die positive Konnotation des Geschehens: Wir schaffen, schaffen, schaffen das.
Es beginnt in den Morgenmagazinen, zieht sich über den ganzen Tag bis zu den abendlichen Talkshows, deren eine - nämlich die von Anne Will - die Bundeskanzlerin für eine einstündige Regierungserklärung auserkor, deren Botschaft wiederum nur aus ihrem inzwischen zum geflügelten Wort gewordenen Glaubenssatz bestand, den die Moderatorin nicht hinterfragte, sondern verinnerlichte. In diesem Sinne wirken ARD und ZDF zurzeit, wohin man auch schaut, bis hin zu einem Magazin wie „Mona Lisa“ im Zweiten, in dem die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer als Angela Merkels Schwester im Geiste erscheint und ihrerseits munter Mut macht: ein erstklassiger Auftritt im Vorwahlkampf. Im März des kommenden Jahres ist Landtagswahl.
Diejenigen, die unter der Folgenlast der kopflosen Politik der Bundeskanzlerin ächzen und beinahe zusammenbrechen, kommen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zwar auch vor - aber stets in der Rolle der Querulanten. Oder sie geraten gleich in den Verdacht, mit ihren Einwendungen den Fremdenfeinden und Rechtsextremen in die Hände zu spielen. Am Ende sieht es so aus, als gäbe es das Problem, von dem die Bayerische Staatsregierung, der Tübinger Oberbürgermeister Palmer, Kommunalpolitiker im ganzen Bundesgebiet, Polizei und Hilfsdienste sprechen, gar nicht.
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