Essen. Der Staatsschutz ließ Wohnungen und eine Moschee im Nordviertel durchsuchen und hat drei Verdächtige im Visier. Es hat sich der Verdacht erhärtet, dass bei der Briefwahl zum Essener Integrationsrat massiv betrogen wurde.
Für den ermittelnden Staatsschutz-Beamten der Essener Polizei ist es „ein Angriff auf die Grundfesten der Demokratie“: Der Verdacht des Betrugs bei der Brief-Wahl zum Integrationsrat der Stadt (die NRZ berichtete) hat sich erhärtet.
Nach wochenlangen Recherchen, drei vorläufigen Festnahmen und Durchsuchungen in Wohnungen und der Alfaraq-Moschee im Nordviertel, zeichnet sich für die Polit-Abteilung der Polizei ab, dass eine der 13 angetretenen Listen von kriminellen Machenschaften profitiert haben könnte: Es ist die „Allianz gegen die Diskriminierung von Ausländern“, die nach Erkenntnissen der Polizei 60 Prozent ihrer Stimmen über die Briefwahl erhielt und seitdem mit einem Sitz im Integrationsrat vertreten ist. Für die Ermittler ein naheliegender Verdacht: Einer der drei mutmaßlichen Wahlfälscher, die sich jetzt im Zentrum des polizeilichen Interesses wiederfinden, trat für eben diese „Allianz“ an. Nach NRZ-Informationen wird gegen die drei Vorstandsmitglieder des arabisch-islamischen Moscheevereins Alssalam e.V. wegen des Verdachts des Betrugs und der Urkundenfälschung ermittelt. Die Männer aus Essen und Mülheim stehen unter dem Verdacht, bei der Stadt im großen Stil Briefwahlunterlagen angeblich im Namen wahlberechtigter Ausländer an die Adresse ihrer Alfaraq-Moschee an der Bersonstraße geordert zu haben. Um an die Dokumente zu kommen, sollen sie die Unterschriften auf eidesstattlichen Erklärungen gefälscht und anschließend ihre Stimme im Namen von Wählern abgegeben haben, die vermutlich von all dem nichts wussten. So zumindest lautet der Vorwurf.
In zwei Fällen sei ein solches Vorgehen inzwischen zweifelsfrei nachzuweisen, heißt es beim Staatsschutz. Weitere 70 Fälle, in denen Briefwahlunterlagen ebenfalls an die Adresse des Islamischen Zentrums im Nordviertel geschickt worden sind, werden nun untersucht und genau so viele Zeugen vernommen, die mit mutmaßlich kriminellen Methoden um ihr Grundrecht gebracht worden sein könnten, heißt es.
Auf welchem Weg die mutmaßlichen Betrüger an die persönlichen Daten der Wahlberechtigten kamen, ist noch nicht abschließend geklärt. „Brennend“ interessiert die Staatsschützer auch, „welche Rolle“ der Spitzenkandidat der „Allianz“ bei den zu untersuchenden Vorgängen gespielt haben könnte. Bislang jedenfalls gelte er allenfalls „als Profiteur, aber nicht als Beschuldigter“ in dem Verfahren, so ein Staatsschützer. Man arbeitet mit Hochdruck daran, Licht in die Sache zu bringen.
Wie die NRZ bereits im April berichtete, war der mutmaßliche Betrug aufgefallen, als sich Wahlberechtigte bei der Stadt darüber beschwerten, am 7. Februar im Wahllokal abgewiesen worden zu sein mit der Begründung, sie hätten bereits eine Briefwahl beantragt – was sie nicht hatten.
Damit kam ein für Essen beispielloses Verfahren in Gang, an dessen Ende Wiederholungwahlen und hohe Strafen stehen könnten. Wahlfälschung ist kein Kavaliersdelikt: Das Gesetz sieht bis zu fünf Jahre Haft vor.
derwesten.de
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