Zwanzig Jahre war Ruhe. 1987 hatte sich der Günter Wallraff zwar geweigert, den von Gremliza gestifteten und mit 30.000 Mark dotierten Karl-Kraus-Preis anzunehmen, sich seither jedoch zwei Jahrzehnte lang an dessen Bestimmung, nichts mehr zu schreiben, sondern einen vernünftigen Beruf zu ergreifen, gehalten, indem er nicht eine neue Reportage auf den Markt gebracht hat. In seiner Preisrede hatte Gremliza damals publik gemacht, daß der berühmte Schriftsteller, der nicht schreiben kann, sich all seine Bestseller hat schreiben lassen. Jetzt, zum zwanzigsten Jahrestag, hatte die "Zeit" den bravourösen Einfall, ihr neues Lifestylemagazin "Leben" mit der Autorenzeile "von Günter Wallraff" interessant zu machen. Der Mann, der 1987 versprochen hatte, sich bei seiner nächsten Reportage "noch existenzieller einzulassen", ist diesmal todesmutig unter falschem Namen und mit blonder Perücke in ein Callcenter eingedrungen und konnte die "Zeit"-Leser mit der Enthüllung verblüffen, daß die Telefonwerber doch tatsächlich Leute anrufen, die gar nicht um einen Anruf gebeten haben. (Man glaubt es nicht!) Die "Zeit" nennt ihn deshalb den "großen Aufklärer", verzichtet ihrerseits aber vorerst auf Aufklärung, wie der aufregende Text, der unter der Autorenzeile "von Günter Wallraff" erschien, zustande gekommen ist.
konkret-7-2007
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