Sunday, July 22, 2018

Busanschlag in Lübeck: Wie man Gerüchte produziert

„Das Motiv für die Gewalttat war noch unklar. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen, einen terroristischen Hintergrund könne man nach bisherigem Kenntnisstand ausschließen,“ sagte Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) am Freitagabend bei einer Pressekonferenz. Ein Aufatmen geht durchs Land. Über die Motivlage weiß man nichts, aber will trotzdem ganz genau wissen, dass es sich um „keinen Terroranschlag“ gehandelt haben soll. Decodiert soll das bedeuten, wir wissen nichts, außer dass es kein Terroranschlag war, das wissen wir aber ganz genau. Das grenzt für mich an hellseherische Fähigkeiten.
Weiter heißt es, in dem Rucksack des Mannes fanden Experten Brandbeschleuniger, aber keine weiteren Sprengmittel oder Ähnliches. Die aufgefundenen Spuren deuteten nicht auf „einen Sprengsatz oder ein ähnliches Vergehen“.
Diesmal darf man sich nicht über eine „mangelnde oder regional begrenzte Berichterstattung“ beschweren. Im Gegenteil, es wird umfangreich in fast allen überregionalen Medien darüber berichtet, was keine Fakten bei diesem Anschlag gewesen sein dürfen. Ich fasse zusammen:
  •  "keine weiteren Sprengmittel oder Ähnliches vorgefunden“
  •  "... deutet nicht(s) auf einen Sprengsatz oder ein ähnliches Vergehen (hin)“
  •  „eindeutig keinen terroristischen Hintergrund“
Erstaunlich finde ich auch, dass man von keinen „weiteren“ Sprengmitteln spricht, denn das vorgefundene beziehungsweise angenommene „Spiritus“, als Brandbeschleuniger geeignet, gilt nicht als „Sprengmittel“. Was für ein Sprengmittel wurde gefunden?
Der Anschlag mit einer Waffe und dem Brandbeschleuniger wird zur „Messerattacke“ umdekliniert. Messerangriffe sind heutzutage Alltagskriminalität. „Messerattacke“ heißt auch noch lange nicht, dass damit ein Mensch getroffen wurde. Das beste Abwehrmittel gegen Messerangriffe sind Flucht und Distanz. Die Attacke hat deshalb trotzdem stattgefunden. Das war aber im engen Raum des „ziemlich voll besetzten Busses“ vorerst unmöglich, bevor der Fahrer die Türen geistesgegenwärtig geöffnet hat. Demzufolge gab es 12 Verletzte, davon einen Schwerverletzten, der nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte.
Die „Messerattacke“ im Einzelnen: „Verdacht des versuchten Heimtückemordes mit gemeingefährlichen Mitteln in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung und versuchter besonders schwerer Brandstiftung“.
Politik und Behörden beklagen sich oft über Gerüchte, die in den sozialen Medien gestreut werden. Ich muss sagen, mitunter auch zu Recht. Allerdings haben wir hier das klassische Beispiel einer Berichterstattung, die genau solche Gerüchte produziert und befeuert. Neuerdings scheint es wichtiger zu sein, darüber zu berichten, was nicht stattgefunden haben darf.
https://www.achgut.com/artikel/busanschlag_in_luebeck_wie_man_geruechte_produziert

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